Dienstag, 15. Januar 2013

Die Macht des kleinen Mannes.

Die Erkenntnis vom Ostbahnhof ist verdaut, M. und ich laufen mit unserem Berliner Pils vom Späti gen Oberbaumbrücke, vorbei am Fritz-Club, vor dem verzogene Teenies aus der gehobenen Gesellschaft in einer langen Schlange zum Eintritt anstehen, sie sehen alle gleich aus, die Jungs im Hemd mit hochstehendem Kragen, die Mädels bedacht auf Hobbynutte gestylt, ein halbes Kilo MakeUp im Gesicht, Botox gibts ja erst ab 18 (nehme ich an), den Anstand und das Selbstwertgefühl erfolgreich heruntergeschraubt, notfalls darf heut auch mal der Steven ran, auch wenn der nur in ner Autowerkstatt arbeitet, Kerl ist Kerl. Und meist dauerts ja auch nicht lange.

Weiter gehts, an der O2-World vorbei, diesem monströs aussehenden Komplex, den aus unerfindlichen Gründen kaum ein Hauptstädter mag, warum das so ist, erschliesst sich mir nicht.

M. und ich beschließen, eine Pause einzulegen und ein paar Nachtaufnahmen Richtung Alexanderplatz und Richtung Oberbaumbrücke zu machen.



Danach laufen wir über die Oberbaumbrücke, einer meiner liebsten Orte in dieser Stadt, und biegen danach direkt rechts ab, um von unten direkt am Wasser noch ein paar Bilder vom sich uns bietenden Panorama machen zu können. Klappt ganz gut.


Mission completed, die Kamera, besser das Stativ, wird geschultert und wir laufen zum Schlesischen Tor, passieren dabei einen der besten Burgerdealer Berlins , können aber leider keinen Stop einlegen beim "Burgermeister", denn wir wollen heim.

An der Kreuzung die Überraschung: Obwohl wir ein paar Minuten zu spät dran sind, steht unser Nachtbus noch an Ort und Stelle...wir rennen los, bei rot über die viel befahrene Straße, Wayne, die bremsen schon und hupen tut nicht weh. Geschafft! Unfallfrei!

Wir hetzen den Gehweg entlang, die mittlere Bustür steht offen, da könnten wir doch...viertelsekündige Pause, nein, da kann zumindest ich nicht einsteigen, ich brauch eine neue Fahrkarte. Also laufen wir weiter Richtung der vorderen Einstiegstür...

...und sind keine zwei Meter mehr von der entfernt, als der Busfahrer die Tür schließt und davon fährt. Und ich bin mir sicher, sein zufriedenes Lächeln im Rückspiegel gesehen zu haben. Uns hat er es mal so richtig gezeigt. Lauft, ihr Deppen, lauft!! Genossen hat er das.

Für ein paar Minuten.

Danach wird ihm dann wieder bewusst geworden sein, daß er so einen Quatsch nur macht, weil er sein Leben hasst. Das Leben in der viel zu teuren Wohnung irgendwo in einer abgefuckten Plattenbausiedlung irgenwo in Lichtenberg, mit kaum erzogenen Kindern, die ihm nach langer Schicht auf der Nase herumtanzen und ihn auslachen, weil er nur Busfahrer ist und sonst nichts und mit einer Ehefrau, die ihm schon lang nicht mehr das bietet, was er gern hätte. Nein, seine Männlichkeit hat er zuhause schon lange verloren.

Aber nicht im Job...Da ist er der, der bestimmt, Tür auf, Tür zu, wann immer er will... Endlich mal am längeren Hebel. Das fühlt sich gut an...

Schön hat er sie laufen lassen, die Spinner. Hat sie schön in dem Glauben gelassen, sie könnten den Bus noch bekommen. Und grad in dem klitzekleinen Moment, als sie sich sicher waren...da hat er sie gefickt! Die Macht des kleinen Mannes.

Und jetzt fährt er seinen Bus mit stolz geschwellter Brust zur Endstation und wenn er heimkommt, dann...

"Fuck Mann, der hat uns voll auflaufen lassen!" - "Ach komm, so als Busfahrer haste auch n beschissenes Leben. Gut, das war nu dreist, aber...eyh, guck mal, der Späti hat noch auf! Lass uns n Berliner holen!"

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