Freitag, 23. Oktober 2015

Home sweet home

Es ist laut.

Es ist chaotisch.

Es stinkt.

Um mich herum wuseln Gestalten, sie verschwimmen ob ihrer puren Menge und den hektischen Bewegungen  miteinander und das verwirrt mich. Ich kneife für ein paar Sekunden die Augen fest zu und genieße das bisschen Dunkelheit.

Herzlich willkommen zurück in Hamburg.

Nach einer kompletten Woche zuhaus im niedersächsischen Nichts fühle ich mich jetzt auf dem S1-Bahnsteig des Hauptbahnhofes, als hätte mich irgendjemand in einen Ameisenhaufen voller menschengroßer Ameisen geworfen.

Es wimmelt um mich herum. SIE wimmeln um mich herum.

Eigentlich mag ich das. Ich mag das Chaos.

Aber nicht gerade jetzt.

An der Bahnsteigkante vor mir tigert einer umher, immer von links nach rechts nach links nach rechts wie ein Zoo-Löwe mit Gehegekoller bei Hagenbeck, dabei brüllt er in einer mir unbekannten Sprache in sein Handy wie Aale-Dieter auf dem Fischmarkt.

Laut. Aggressiv. Heisere Stimme. Aber welche Sprache?? Ich kann sie nicht identifizieren. Türkisch ist es nicht. Arabisch auch nicht. Für Persisch klingt es zu hart. Aber wie klingt ein wütender Perser? Ich habe noch nie einen kennengelernt. Ich kenne Perser nur in der freundlichen eher leisen Version.

Ich einige mich nach hitziger Diskussion mit mir selbst darauf, dass es Rumänisch ist und damit kann ich gut leben.

Der vermutliche Rumäne steht nun direkt neben mir und brüllt seine Tiraden ins Telefon. Er hat die Augenbrauen zusammen gezogen und ab und zu fliegt ein kleines Spucketröpfchen aus seinem Mund. Ich beobachte seine Kopfbewegungen genau und manövriere mich jedes Mal rein prophylaktisch aus der Streuzone.

Er rückt noch näher. Beinahe Ellbogenkontakt. Die letztmögliche Steigerung wäre, dass er auf meine Schultern klettert und von dort aus weiter telefoniert. Das möchte ich nicht, also gehe ich weg. Dreißig Meter weiter finde ich bestimmt auch einen gemütlichen Platz, um auf die Bahn zu warten.

Als ich auf dem Bahnsteig ankam sagte die Anzeigetafel, dass die S1 in drei Minuten kommt. Die drei Minuten dauern bereits fünf Minuten und auf der Anzeigetafel hat sich nichts getan. Drei Minuten. Dann kommt die Bahn. Ich bin gespannt.

Ich finde einen neuen Warteplatz auf dem Bahnsteig, viele Meter entfernt vom vermutlichen Rumänen. Ich höre ihn noch aus der Entfernung und trotz des Lärms lautstark in sein Handy bellen. Wahrscheinlich wünscht er nur seinen Kindern eine gute Nacht...

Zu meiner Rechten jetzt statt dem vermutlichem Rumänen das obligatorische Hipsterpärchen im Einheitslook. Angelehnt an die Front eines Kioskes halten sie Händchen und bewegen synchron die Köpfe zur Musik aus den Marken-Kopfhörern. WoodKid sicherlich. Oder CHVRCHES. Oder irgendwas von Audiolith.

Ihre Dutts wippen im Rhythmus. Seiner ist größer.

Zwischen obligatorischen bunten Nike Airs und obligatorisch albern hochgekrempelten skinny Jeans und skinny Jeans-Leggins-Lookalikes blenden mich milchweiße Fußknöchel und mir wird kalt. Wegen der Außentemperatur und der Gesamtsituation, mit der ich unzufrieden bin. Mal im Ernst, wer krempelt sich bei diesem Wetter freiwillig die Hosenbeine hoch und entblößt nackte Haut? Und vor allem: Warum?

Ein kalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter und erneut suche ich  mir einen neuen Warteplatz. Eine Minute noch, dann kommt die Bahn. Sagt die Anzeigetafel.

Seit drei Minuten.

Es dudelt in meinem Kopf. Ich habe einen Ohrwurm und werde fast wahnsinnig, der Akku meines Handys hat sich aber leider kurz nach Oldenburg verabschiedet. Also dudelt seitdem der Ohrwurm weiter und weiter und gleich platzt mir der Schädel und irgendwer muss die Sauerei dann aufwischen.

Auf dem Weg Richtung neuem Warteplatz passiere ich die üblichen Verdächtigen, ohne die diese Stadt nicht die wäre, die sie ist.

Bis zum Exzess zerschminkte Tussis, die auch bei einstelligen Temperaturen immer noch im luftigen Blüschen mit Blumenmuster und kurzem Röckchen im Reeperbahn-Laufhaus-Style bibbernd den vergangenen Sommer zurück wünschen und denen auch ihr sieben Quadratkilometer großer Schal nicht mehr hilft, den sie als Accessoire auch im Hochsommer zum gleichen Outfit durch die Gegend trugen und der an ihnen in etwa so aussieht wie eine überdimensionale Schwimmweste aus Kamelwolle.

Oder Wichtige, die so wichtig sind, dass sie selbst in den drei Minuten Wartezeit auf dem S-Bahnsteig, die inzwischen bald sieben Minuten dauert, noch auf den Monitor des Apfel-Laptop starren und so fixiert sind, dass sie um sich herum gar nichts mehr wahrnehmen. Die bibbernde Brünette könnte Schal und Blumenmusterbluse ausziehen und oben ohne vor dem Wichtigen auf und ab springen. Ich könnte ihm die Schnürsenkel zusammenbinden oder die S-Bahn könnte entgleisen und direkt auf ihn zu schießen. Er würde nichts davon mitbekommen. Rumms, klatsch, splatter. Da zerballert dich eine komplette S-Bahn auf dem Weg gen Bahnhofswand und du hast nichtmal die Titten von der mit dem albernen Schal gesehen. Das Leben ist nicht fair.

Ich habe einen neuen Warteplatz. Mal wieder.

Normale Menschen um mich herum. Endlich. Einer nickt mir sogar freundlich zu, als ich ihm nach einem Nieser Gesundheit wünsche. Eine Minute noch. Dann kommt die Bahn.

Tut sie nicht. Dafür kreuzen wieder Gestalten mein Blickfeld bei deren Anblick ich mich spontan ins niedersächsische Nichts zurück wünsche.

Einer von denen ist mein Reiserucksack im Weg, statt ihm aber auszuweichen versetzt er ihm einen satten Tritt, sodass die zwei mitgebrachten Flaschen guten Weines im Inneren klirrend gegeneinander schlagen und der Rucksack trotz seiner Schwere ein Stück weit über den Bahnsteig rutscht, eine Schneise in den herumliegenden Zigarettenkippen und Kaffeebechern hinterlässt und direkt in einer von Jugendlichen mit schiefsitzenden Basecaps und noch schiefsitzenderer Grammatik produzierten Spuckepfütze liegen bleibt. Bevor ich den Treter in angemessener Weise  beschimpfen kann, verschwindet er in der Unmenschenmenge.

Kurz darauf kommt die Bahn dann zu meiner Überraschung doch. Natürlich finde ich keinen Sitzplatz. Natürlich hören Minderjährige ohne vorhandenen Musikgeschmack lautstark deutschen "Rap". Und natürlich redet einer in Jogginghose am Handy was von "Neger" und "...nicht rechts, aber..."

Hamburg. Du selbsternannte "schönste Stadt der Welt". Du "Weltstadt mit Herz".

Da bin ich wieder.

Zuhaus auf dem Dorf war nicht alles schlecht...

Montag, 5. Oktober 2015

Mitgehört (8): Im Funkloch

Ich stehe am frühen Abend auf dem Fußweg neben der vielbefahrenen Fuhlsbüttler Straße und warte auf einen Freund.

Es betritt eine ziemlich aufgestylte Brünette in High Heels mein Blickfeld, mit der rechten Hand hält sie ein glitzerndes Oberklassehandy an ihr Ohr, mit der linken versucht sie angestrengt, einen übermütig herumtollenden kleinen Hundewelpen zu bändigen.

Das Gespräch mit der scheinbar besseren Hälfte scheint nicht nach ihren Vorstellungen zu verlaufen.

"Hallo, noch da? Hallooo?? Mausebähääär??" ... "Ich versteh dich kaum!" ... "Das rauscht ganz doll in der Leitung! Ganz schlecht ist das, weil ich wollt dir doch...HALLOOO??"

Sie schaut vollkommen entnervt, dann kommt ihr die rettende Idee.

"Du, warte kurz, ich brauch besseren Empfang. Ich geh mal näher ans Fenster!"

Den Hund im Schlepptau tippelt sie so nah es eben geht an das Schaufenster eines Blumengeschäfts und brüllt dann mit sich überschlagender Stimme:

"BIN AM FENSTER! UND SCHATZI, HÖR ICH DICH JETZT BESSER??"

Sonntag, 27. September 2015

Ein einziges Wort

Es war ein Sonntag im Januar. Ein sonniger kalter Vormittag, eine verschneite Straße in einem der schöneren Teile der Stadt. Nahe der Alster.

Er ist ein grundsympathischer Mensch, buschiger Vollbart, schwarzer Kapuzenpulli, kurze Cargo-Pants, zu den Knien hochgezogene schwarze Strümpfe.

Ich sehe den Freund einer meiner besten Freundinnen zum ersten Mal und ich mag ihn auf Anhieb. Er mich vielleicht auch.

Eventuell fragt er sich aber auch, mit was für einer dank durchgemachter vorheriger Nacht verkommenen Gestalt er da grad seine Freundin und den kleinen Sohn hat gen Spielplatz ziehen lassen. Den Gedankengang könnte ich verstehen und hätte gern mal nachgefragt, was er gedacht hat in dem Moment, als wir uns zum ersten Mal trafen.

Nachgefragt bei nem gemeinsamen Bier. Und nem Steak vom Grill. Während Pauli spielt. Irgendwie so.

Aber dazu bin ich nicht mehr gekommen.

Die schwere Krankheit war schneller.

Immer wieder Chemo. Dann Stammzellentransplation. Und dazwischen immer wieder Aufbäumen. Für das Leben kämpfen.

Ein Dreivierteljahr hat er durchgehalten.

Bis Donnerstag.

Jan war 34. Er hat eine wunderbare Familie gegründet, er hatte Pläne und Ziele und ich habe mit ihm nur ein einziges Wort gewechselt.

Nur ein einziges Wort.

Ein simples "Hallo!". Und einen Händedruck. Mehr gab es nicht.

Ich hätte Jan so gerne besser kennengelernt. Gemeinsames Bier, gemeinsames Rumbrüllen am Millerntor, gemeinsames...

Es erwischt immer zuerst die Guten.

Mach's gut Jan, wo immer du jetzt auch sein magst.

Samstag, 12. September 2015

Riding home to Oberkassel

Es ist eine Nacht auf Freitag gegen 00.40 Uhr am Hauptbahnhof Köln.

Mir steckt ein mehrstündiges Konzert in den Knochen, ich bin verschwitzt, müde, leicht heiser, hungrig, ich friere und möchte nur noch heimfahren. Gern so schnell es eben geht.

Auf dem Abfahrtsplan nichts zu sehen von meinem Reiseziel nördlich von Bonn. Also ab zum Serviceschalter der Deutschen Bahn, der zu meiner Überraschung um diese nachtschlafende Zeit noch immer besetzt ist.

"Guten Abend, ich möchte schnellstmöglich nach Bonn. Oberkassel-Nord. Können Sie mir sagen, welche Bahn mich hinbringt?  Oder ob überhaupt noch eine in die Richtung fährt?"

"01.01 Uhr ab Bahnsteig 5."

"Super, vielen Dank!"

Abgang.

Mit knurrendem Magen und zwei frisch erworbenen Käseburgern von der amerikanischen Botschaft auf Bahnsteig 5 angekommen, fällt mir ein: "Scheiße, Fahrkarte!"

Kurz wäge ich ab, schwarzfahren ja, schwarzfahren nein, Pros (einige) und Contras (Karma), dann laufe ich wieder hinunter zu einem Fahrkartenautomaten, deren gibt es im Kölner HBF viele, sehr viele. Zeit bis zur Abfahrt ist noch ein wenig, an Bahnsteig 5 steht eh noch der ICE nach Frankfurt, der seit zehn Minuten unterwegs sein sollte und die Käseburger schmecken notfalls auch kalt. Der Hunger treibt's rein.

Fahrkartenautomat 1: Einzelfahrt Erwachsener, Start Köln HBF, Ziel...mit O sind so einige vorgegeben, Oberhausen, Osnabrück, Olchau (wo zum Henker...?). Oberkassel ist nicht dabei, was mich aber nicht weiter verwundert. Man kann sein Reiseziel ja notfalls auch manuell eingeben und des Tastendrückens bin ich grad noch so eben mächtig.

Hochmotiviert tippe ich auf die O-Taste und auf dem Monitor passiert Erstaunliches. Buchstaben verschwinden wie von Geisterhand, aus irgendeinem Grund finde ich das äußerst amüsant und freue mich darüber. Bis ich bemerke, dass zu den nicht mehr auswählbaren Lettern auch das B zählt. "Oberkassel" kann ich nun also nicht mehr als Reiseziel eingeben. Was suboptimal ist, denn exakt da will ich ja hin.

Ich schweige kurz betreten, dann stehe ich wieder beim Servicepoint auf der Matte.

"Guten Abend nochmal. Ich möchte immer noch nach Oberkassel reisen und - Sie werden mich für verrückt halten - ich möchte dafür sogar eine Fahrkarte kaufen! Um diese Uhrzeit noch! Aus Gründen, die ich selber nicht ganz verstehe. Ich habe nur ein Problem: Der Automat stellt sich quer!"

Die eigentlich recht hübsche Dame am Infoschalter zuckt zusammen als ich sie anspreche und äugt mich mit einem Blick an, der irgendwo zwischen Desinteresse und "Ohje, jetzt hab ich grad gepupst!" liegt.

"Warum?" Sie presst die Frage unwillig zwischen den einwandfrei gebleichten Zähnen hindurch. Ich erläutere knapp mein Problem. "Na wenn ich mein gewünschtes Reiseziel eingeben will, scheitere ich bereits beim zweiten Buchstaben. Sobald ich auf's "O" getippt habe..."O" für "Oberkassel"...verschwindet das "B". Zack, weg ist es. Einfach so. Und ohne "B" komme ich dann irgendwie nicht weiter. Ich gäbe grad einiges für ein "B"!"

Sie schaut. Mich an. "Liegt sicher am Automaten. Programmfehler oder sowas. Probieren Sie einfach einen anderen! Das liegt bestimmt am Betriebssystem!"

"Nein" denke ich, "tut es nicht. Das hat mit dem Betriebssystem so wenig zu tun wie ich mit einem Professorenstuhl in höherer Mathematik oder die Parolen gröhlenden Widerlinge auf den Straßen Freitals und Heidenaus mit Menschlichkeit und Empathie. Eure Fahrkartenautomaten sind Arschlöcher, Mathe ist ein Arschloch und was die "besorgten Bürger" unseres ach so schönen Landes angeht: Da ist "Arschloch" noch deutlichst zu nett formuliert."

Aber ich sage nichts, ich lächle sie an und tue ihr den Gefallen, ich hab ja noch Zeit, die Burger schmecken auch kalt, ich probiere einen weiteren Automaten, dann noch einen, dann einen an der gegenüberliegenden Wand, dann den, vor den vor ein paar Minuten ein Besoffener gereihert hat, der Fladen Erbrochenes dampft noch leicht dank der im Bahnhofsgebäude aufgestauten Tageshitze.

Ich bin guten Willens, ich versuche mein Glück an insgesamt acht Fahrkartenautomaten, allein das Ergebnis bleibt das gleiche.

Try. Fail. Repeat.

Dann habe ich die Faxen dicke und auch nur noch knappe zehn Minuten bis zur Abfahrt Richtung Bett. In Oberkassel.

Dritter Akt am Servicepoint.

"N'Abend, ich wieder! Vollkommen überraschend kann ich auch an keinem anderen der wirklich hübsch anzusehenden Kartenautomaten eine Fahrkarte zu meinem Wunschziel...Na? NA???...richtig, immer noch Oberkassel...lösen. Und ehrlich gesagt hab ich jetzt auch keine Lust mehr. Von Nerven und Zeit mal ganz zu schweigen. Also, Fakten auf den Tisch. Was tun?"

Sie starrt mich aus großen braunen Rehaugen, die tragischerweise recht dämlich aus ihrem hübschen Gesicht glotzen, an und wünscht mir vermutlich grad die Pest an den Hals.

Ich höre die kleinen Rädchen in ihrem Kopf förmlich rattern und klickern während sie gefühlt ein halbes Leben lang durch mich hindurch ins Leere  starrt.

Kurz, ganz kurz bevor es lächerlich wird und sie irgendetwas möglichst logisch Klingendes von sich geben muss, entdeckt sie im Augenwinkel Uniformierte und reißt reflexartig den Arm hoch. "Fragen sie doch mal meine Kollegen! Die können sicher weiterhelfen!" Dann greift sie zum Telefonhörer und tut so, als sei es ein wichtiger Anruf. Jeder unterirdischen Laienschauspielertruppe wäre diese Darbietung peinlich, sie aber zieht sie in aller Konsequenz durch.

Vor so wenig Selbstachtung ziehe ich meinen Hut und wende mich mit meinem Anliegen den Uniformierten zu, die mir Miss Information so warm ans Herz gelegt hatte.

Es sind Mitarbeiter einer Security-Firma, die nachts durch den Bahnhof patrouillieren und natürlich nicht den Hauch einer Ahnung von Fahrplänen, Fahrkartenautomaten und dem Streckennetz der Deutschen Bahn haben. Wie die Trulla am Infoschalter quasi, nur in weniger hübsch und in weniger nervtötend.

Ich kriege gutgemeinte Ratschläge mit auf den Weg.

"Fährsse schwatt. Is doch ejal hömma!"

"De Käsburger schmecke ooch kalt. Da schmeckese sogar besser!"

"Fah doch nach Niederkassel un lauf von da! Et kann doch nimmer weit sin dann!"...nein, nur knapp fünfzig Kilometer...

00.59 Uhr. Ich hetze mit entnervtem Blick, neu dazugewonnenen grauen Haaren und einer Papiertüte mit zwei mit Industriekäse, einer millimeterdicken Bulette aus Fleischabfällen und sonstigen zu vernachlässigenden Zutaten belegten erkalteten Schaumgummibrötchen, dafür aber ohne Fahrkarte Treppenstufen hinauf zu Bahnsteig 5, rein in meinen Zug, hinein in eine Sitzreihe, gegenüber einer in den Zwanzigern, Hemd, hellblaue Krawatte, edel aussehendes Sakko, teure Lederslipper, glänzend, frisch poliert, er trägt die Haare zum Seitenscheitel gegelt und gehaarsprayed, vermutlich kann der Frisur selbst eine in direkter Nähe explodierende Handgranate nichts anhaben.

Rakka. 16.47 Uhr. Fliegerbombe. Das Gesicht ist weg. Aber die Frisur sitzt.

Er mustert mich von oben bis unten. Abschätzig. Ich missfalle. Schwarzer Kapu, Cargo-Pants, uralte bemalte  Chucks, einen Button an der Hose, auf dem ein Stilisierter einem anderen Stilisierten ins Gesicht tritt, good night white pride in der inzwischen indizierten Version. Meine ziemlich angeschlagene Optik wird ihren Teil zu seinem Misstrauen beitragen.

Ich mache mich auf meinem Sitz breit. Und warte auf jemanden, der meine nicht vorhandene Fahrkarte kontrollieren möchte.

Ungewollt auffällig beobachtet mich dabei der Gelackte von gegenüber, seine natürlich absolut zufälligen Blicke kitzeln jedes Mal ein bisschen im Nacken, wenn ich ihm eben den Rücken zuwende. Und sobald ich auch nur ansatzweise in seine Richtung schielen kann, versteckt er sich hinter seiner Zeitung und tut, als sei er gar nicht da.

Während sich die zu hellen Deckenleuchten im polierten Kunstleder seiner Slipper und in seinem Gelhelm spiegeln und ich noch überlege, wie albern das auf einer Skala von eins bis zehn aussieht, betritt die Zugbegleiterin den Waggon.

Natürlich. Das musste so kommen. Auf der einen von x-hundert Fahrten,  für die man grad mal kein gültiges Ticket hat, kommen sie aus ihren Löchern gekrochen. Weil sie sowas aus zwölf Kilometern Entfernung gegen den Wind wittern wie Schmeißfliegen den frisch gesetzten Kuhfladen.

"Guten Abend, ihre Fahrkarte bitte!". Sie lächelt mich erwartungsvoll an. Ich lächele so charmant wie in meinem Zustand eben noch möglich zurück. Und der Schmierlapp im Abteil gegenüber grinst vorfreudig über den Rand seiner Zeitung. Denn dass ich keine gültige Fahrkarte besitze, ist ihm klar. Das hat er Millisekunden, nachdem er mich zum ersten Mal gesehen hat, gewusst. Der durchgerockte Asi? Fahrkarte? Im Leben nicht.

Jetzt muss improvisiert werden. "Klären Sie das einfach im Zug!" hatte mir der Komplettausfall am Infoschalter noch mit auf den Weg gegeben, bevor erneut ein "wichtiger Anruf" ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

"Ihnen auch einen guten Abend! Tja,Fahrkarte, wo fange ich bloß an? Sagen Sie, könnten Sie den Ort "Oberkassel" ohne den Buchstaben B schreiben?" Die Zugbegleiterin schaut erst irritiert, dann wissend.

"Richtig, ich habe kein Ticket. Eine unglückliche Verkettung von Umständen. Elektronische Fahrkartenautomatenmängel, optisch ansehnliche aber in der Praxis vollkommen wertlose Service-Point-Mitarbeiterinnen - wie löblich übrigens, dass der um diese Uhrzeit noch besetzt ist! Da wo ich herkomme, da..."

"Das macht dann sechzig Euro." stellt sie trocken aber nicht unfreundlich fest und das ist mein Startsignal.

In meinen Jahren in NRW habe ich gelernt: Reden hilft. Viel Reden hilft viel. Am besten ohne Punkt, Komma und jeglichen unnötigen Atemzug. Immer druff!

Ich erzähle von der stressigen Anreise in der Bullenhitze und davon, wie ich die Konzert-Location zunächst nicht gefunden habe, ich erwähne den schlecht tätowierten Muskelberg, der mir während des Konzerts auf den Fuß trat und mir zeitgleich sein Bier übers Shirt kippte, ich lobe die Preise des VRS und des KVB und halte ihr die entsprechenden Fahrkarten meiner nachmittäglichen Anreise (die ich vorher aus den Untiefen meines Rucksackes gefischt habe) unter die Nase, "Schauen Sie, selbst für die paar Stationen S-Bahn hab ich bezahlt, das tu ich auch nicht immer, das können Sie mir glauben, kontrolliert ja eh so gut wie nie wer! Aber Sie kontrollieren hier um diese Uhrzeit noch, gut finde ich das, sehr gut, wird doch sicher auch nicht sooo toll bezahlt, dass Sie sich hier die Nacht um die Ohren schlagen in fast leeren Zügen, außer mir und dem da (Kopfnicken Richtung Gelfrisur) ist ja kaum wer hier, also für mich wär das ja nichts, Mann Mann Mann."

Einen Mitleid erheischenden Hinweis auf schmerzende Füße und eine zur Absicherung hinterher geschobene interessierte Nachfrage nach der aktuellen Form des EffZeh Köln (das funktioniert erfahrungsgemäß im Kölner Umland in neun von zehn Fällen in jeder Lebenssituation und öffnet so gut wie jede Tür) habe ich gewonnen.

Sie ist zermürbt. Weich gekocht. Oder schlicht durch mein Gelaber so durcheinander, dass sie nichts mehr möchte, als mich endlich loszuwerden.

"Und Sie steigen ganz sicher in Oberkassel aus?" - "Aber sowas von! Da freu ich mich schon die ganze Zeit drauf!"

Mit dem Hinweis, sie würde nochmal beide Augen zudrücken und beim nächsten Mal müsse ich aber zahlen, wendet sie sich dem Schlipsträger zu, der mich seit knapp drei Minuten anstarrt wie einen Außerirdischen.

So sehr hatte er sich darauf gefreut, wie ich hochgenommen werde, wahrscheinlich so sehr, dass er schon einen kleinen nassen Fleck im Schlüpfer hatte - und jetzt das.

Ich lehne mich entspannt auf meinem Sitz zurück. Zehn Minuten noch bis Bonn-Oberkassel.

Ich grinse mein gegeltes Gegenüber breit an und für einen Moment, in dem das Licht richtig auf ihn fällt, spiegele ich mich in seiner Tolle. Zumindest sieht es fast so aus.

"Nächster Halt: Oberkassel-Nord"

Zischend öffnet sich die Tür des Waggons und nachdem ich meinem weiterreisenden Freund noch ein Mal freundlich zugewunken habe, springe ich auf den dunklen Bahnsteig.

Ein paar Minuten Fußweg noch durch dunkle menschenleere Vorstadtstraßen und ich bin zuhaus.

Was für ein toller Tag.

Donnerstag, 30. Juli 2015

Babo my ass

"Alter, was machst du?" fragt mich F. per WhatsApp.

"Nichts mach ich, was soll ich schon machen, viel zu heiß draußen, Kackwetter, ich häng vorm Fernseher ab. Guck ne Doku. Tiere und so. Grad hat ein Hai ein niedliches Seelöwenbaby erwischt. War ne ziemliche Sauerei. Derbe blutig, sowas willste nicht in den eigenen vier Wänden erleben. Wieso fragst du?"

"Hab Zeug bestellt. Grünes, weißt schon. Der Typ wohnt in deiner Straße und ich kann grad nicht hin und das selbst abholen. Mach du das mal bitte, Kohle geb ich dir nachher! Du kommst ja später am Abend eh noch rum."

Was für eine beschissene Idee. Aber was tut man nicht alles für gute Freunde.

"Ok, sag an. Wo und wieviel?"

"Für n Fuffi. Das Haus mit der grauen Eingangstür, Hausnummer weiß ich nicht. Klingel bei XYZ, der ist bisschen komisch drauf aber an sich ganz ok. Glaub ich." Das klingt ermutigend.

Eine Stunde später stehe ich vor der grauen Haustür und klingele. Zeug abholen, rüber zu F., rauf auf die Couch und PES15 zocken. Vielleicht noch ein oder zwei gekühlte Bier vom Kiosk an der Ecke mitnehmen. Eigentlich ein guter Plan.

"Wer ist da?" fragt es aus der  Gegensprechanlage. Die Stimme klingt soweit tatsächlich ganz sympathisch.

"Jo, hier ist Fährlich, ich soll für F. was abholen."

"Alles klar! Zweiter Stock rechts! Komm rein Alter!" dröhnt es aus dem beigen leicht vergilbten Lautsprecher und zeitgleich rasselt der Türöffner.

Das Treppenhaus ist angenehm kühl und im zweiten Stock rechts werde ich bereits an der Wohnungstür erwartet wie ein Pizzabote.

"Hi Mann, komm rein! Ich bin Babo!"

Ich schaue ihn ungläubig an und kann ein Lachen nur schwer unterdrücken. "Babo" nennt er sich. Na denn...

Er hält mir seine Hand hin, die Nägel sind länger nicht mehr geschnitten worden, unter ihnen klebt Dreck. Außerdem ziert ein langer verschorfter Kratzer oder Schnitt seinen Handrücken. Statt seine Hand zu schütteln halte ich ihm meine Faust zum fist bump hin und zu meiner Erleichterung geht er darauf ein.

"Setz dich Alter!" sagt der Babo, der mit verblichener Kapuzenjacke, Schnellfickerhose und umgedrehter Baseball-Cap mit Werbung eines deutschen Sportartikelanbieters irgendwie gar nicht so Babo-mäßig aussieht, wie eher unterdurchschnittlicher deutscher Rap mir das vor nicht allzu langer Zeit vermitteln wollte und ich setze mich eher widerwillig auf ein weißes Ledersofa mit Blick auf eine sicher nicht billige Schrankwand samt integriertem Flatscreen, der mindestens doppelt so breit ist wie meiner, der für einen Normalsterblichen vollkommen ausreicht.

Seine Bude will nicht so ganz mit seiner Optik zusammenpassen.

"Was trinken?" fragt er.

"Danke nein. Ich will nur das Zeug für F. abholen. Hier ist die Kohle. Gib mir doch einfach das Weed und ich bin wieder weg."

Aber so einfach geht das nicht, denn der Typ sucht scheinbar nach neuen Freunden. Oder Kunden.

Das ungewollte Holsten - auch das noch, Holsten! - steht offen vor mir und der Möchtegern-Gangster prostet mir zu.

"Guter Deal wird das Alter!", er hält mir seine Bierflasche hin und ich stoße mit ihm an.

Er nimmt mehrere schnelle tiefe Schlucke und leert seine Flasche direkt mal zur Hälfte. Dabei beobachtet er mich etwas zu gewollt unauffällig, ich kenne das Verhalten, genau so haben es einige meiner ehemaligen Stammkunden in der Wettbutze gemacht, wenn sie mich um Kohle anschnorren wollten, damit sie ihren eigenen letzten Zehner versaufen können, wenn ich sie endlich aus dem Laden herauskomplimentiert hatte. Die gewollt unauffälligen Blicke aus dem Augenwinkel, mit denen sie abzuschätzen versuchen, wann der richtige Zeitpunkt für den Vorstoß gekommen ist, sind immer gleich. Und der oberkrasse Babo im Sessel gegenüber schätzt auch ab. Er hat sich vermutlich schon eine Taktik zurecht gelegt, denn er weiß ja nicht, dass ich solche Situationen seit Jahren kenne und schon hundertfach durch habe.

Er aber macht erstmal auf Smalltalk.

Standardfragen. Und direkt danach mehr Standardfragen.

"Neu in der Stadt? Ich wohn hier seit über nem Jahr aber hab dich noch nie gesehen!"

Ich antworte einsilbig, trinke vom Bier und erinnere mich zurück an die gute alte Zeit vor knapp zehn Minuten, als ich Babo noch nicht kannte. Er interessiert sich weiter.

"Ach was, dreizehn Jahre schon? DAS ist krass Mann." Pause. Sechs Sekunden später. "Und? Weiber? Gibt doch echt viele geile in Hamburg Alter! Fast alle vögelbar! Außer die fetten! Die gehen gar nicht! Oder? Oder?? Oder hast du eine Alter??"

Ich antworte einsilbig, trinke vom Bier und erinnere mich zurück. Die gute alte Zeit. Ohne Babo.

Damals.

Vor jetzt knapp elf Minuten.

"Sag mal Typ...ist ja irgendwie alles soweit nett hier bei dir. Bier und so, deine Couch ist auch echt prima." -  Wenn ich eins kann, dann ist es lügen ohne auch nur ansatzweise mit der Wimper zu zucken - "Aber ich bin echt nur hier, um das Zeug für F. abzuholen. Können wir das eventuell mal etwas beschleunigen?"

"Klar Mann!" sagt er und zieht einen zerdellten Schuhkarton unter der Couch hervor auf der ich sitze. "Da ist meine Schatzkiste!", er strahlt über alle vier Backen wie ein Honigkuchenpferd. "Wieviel war's noch? Fuffi?"

Er wühlt im Karton herum, es raschelt und klimpert und mich erinnert die Situation irgendwie an das überhastete Auspacken eines Weihnachtsgeschenkes. Ich verdränge den irritierenden Gedanken schnellstmöglich und stürze das übrige inzwischen leicht abgestandene Restbier hinunter, während ich auf ein Ergebnis seiner unkontrollierten Suchaktion warte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit von einer halben Minute taucht der mützenbedeckelte Kopf wieder aus den Untiefen des Schuhkartons auf, "Na endlich, hier isses ja!" und er wirft mir einen randvollen Gefrierbeutel mit Gras zu, den ich gerade noch fangen kann, bevor er mitten in meinem Gesicht landet und der zum Glück während des Fluges über den Tisch verschlossen bleibt anstatt seinen Inhalt quer durch den Raum und über mich zu verteilen, worüber ich sehr dankbar bin. Der Geruch hängt ewig in den Klamotten...

"Gutes Zeug! Echt jetzt!" Babo nickt heftig. Was soll er auch sonst sagen? "Willste testen? Oder nachwiegen? Waage steht inner Küche, kann ich holen! Echt guuutes Zeug Alter!" Der geborene Verkäufer, ich verzichte trotzdem dankend auf beides.

"Danke, lass mal, erstens seh ich ja, dass die Menge passt und zweitens hab ich das Zeug seit sicher zehn Jahren nicht mehr angerührt, weil's mich eh nur derbe müde macht. Und das werd ich früher oder später von ganz allein. Verblüffend aber wahr! Hier, deine Kohle!"

Ich lege ihm den Schein auf den Tisch und will aufstehen und gehen. Eine nett formulierte aber nicht wirklich so gemeinte  Verabschiedungsfloskel und raus, rüber auf die nächste Ledercouch vor den nächsten unsinnig riesigen Flatscreen und endlich den Controller in die Hand. In Gedanken gehe ich bereits seit Minuten die Startaufstellung für das anstehende Halbfinale gegen Juventus durch. Belotti in den Sturm? Oder doch lieber den Torres obwohl der nicht bei hundert Prozent ist? Schlecht trainiert hatte er die Woche über, muskuläre Probleme. Sagte der programmierte Assistenztrainer. Oder einfach beide von Anfang an und dafür Flügelflitzer Koné auf die Bank? Fragen über Fragen.

Aufstehen in drei, zwei, eins... "Wie, kiffen macht dich ausschließlich müde? Kein gechilltes Feeling? Keine Filme??" Babo schaut vollkommen perplex.

"Nein und nein. Keine geschobenen Filme. Und ganz sicher kein gechilltes Feeling, ich "chille" schon aus Prinzip nicht, wenn überhaupt entspann ich mich und selbst das kommt selten vor. Alter, ich muss jetzt auch..."

"...echt mal los, F. wartet auf mich!" hätte ich noch sagen wollen, aber dazu komme ich nicht.

"Aaaaalter, dass kann doch gar nicht angehen! Guck mal Mann, ist doch sicher was dabei hier für dich in meiner Schatzkiste!"

Er hält mir den Karton unter die Nase und ich kann gar nicht anders, als hineinzuschauen. Es hat was von früher im Bonbonladen, nur dass ich nicht überlege, was ich mir für meine 25 Pfennig von der Oma für Süßigkeiten kaufen werde, sondern welches von dem Zeug in dem verschissenen Schuhkarton mich wohl am schnellsten zum Zombie machen wird.

Die Beutelchen voller abgezählter Ecstasypillen in verschiedenen Farben? Die vorportionierten Haschplatten? Das Koks? Wohl eher das Zeug in den kleinen Ampullen mit dem so eindeutigen "H" darauf. Oder das etwas gröbere flockige Stöffchen, von dem ich vermute, dass das Chrystal ist.

Der Typ hat alles. Alles. Und bewahrt es in einem Scheiß-Schuhkarton unter seinem scheiß-weißen Ledersofa auf. Und sitzt mir in Schnellfickerhose und ranziger Basecap gegenüber, grinst mich schief an, macht auf dicker Kumpel und will mich eigentlich nur als Neukunden gewinnen.

"Komm, pack weg, das ist mir alles egal. Ich steh nicht auf den ganzen Mist. Und um ehrlich zu sein mag ich dich nicht. Gar nicht. Deal ist durch, danke für's Bier und sollten wir uns mal zufällig auf der Straße begegnen, dann kennen wir uns nicht. Ist das angekommen?"

Auf dem Weg zur Wohnungstür bin ich selbst überrascht ob meiner direkten Ansage und Babo schaut jetzt etwas irritiert aus der Wäsche.

Als ich schon ein paar Treppen hinunter gestiegen bin, startet er einen letzten Versuch.

"Alter, am Wochenende ist ein derbes Goa-Festival und ich kann wen mitnehmen für lau! Da kannst du endlich mal wieder eine unter zwanzig vögeln! Kein Scheiß!!"

Habe kurz innegehalten und überlegt, wieder hochzugehen und ihm die Nase zu brechen. Die Vernunft hat schlussendlich gesiegt.

Später bei F. gibt es sein Bier für mich und Babo's Zeug für F., eine happige Halbfinalpleite für Juventus und einen Dreierpack für Torres. Der Mann knipst selbst dann, wenn er nicht komplett fit ist. Chapeau!

Samstag, 4. Juli 2015

Mitgehört (7): Richtig kaufen

Eine große Kreuzung in meiner Nachbarschaft.

Vierspurige Hauptverkehrsstraße trifft zweispurige Hauptverkehrsstraße. Dazu ein Haufen Abbiegespuren, diverse Fußgängerüberwege und Bullenhitze, die die Luft über dem Asphalt flirren lässt.

Ich stehe an der Fußgängerampel und neben mir auf dem Abbiegestreifen nach links steht eine Schwanzverlängerung mit Chromfelgen, übertrieben vielen PS und drei Halbstarken mit gespiegelten Sonnenbrillen und gegelten Seitenscheiteln mit blondierten Spitzen an Bord.

Natürlich wird pflichtbewusst auf dicke Hose gemacht, es wird im Leerlauf auf's Gas getreten, der Motor brüllt auf, die zusätzlichen Brabus-PS bahnen sich zumindest akustisch ihren Weg...

Ampel gelb. Voll auf's Gas. Burnout! Gleich! Mindestens! Freudige Erwartung.

Ampel grün.

Gib ihm!!

Rauf auf's Gaspedal, die Reifen drehen durch und qualmen, die Jungs johlen, die Schwanzverlängerung schießt vorwärts...

...von gegenüber kommt gemütlich ein grüner Fiat angerollert. Ganz langsam. Wie ein Tretauto. Vorfahrt hat er aber trotzdem.

Nach qualmenden Reifen beim Start gibt es nun Sekunden später erneut qualmende Reifen bei der Notbremsung, die der Depp am Steuer der Schwanzverlängerung grad noch so hin bekommt.

Der Fiat umkurvt im Zeitlupentempo die in seiner Fahrbahn stehende Schwanzverlängerungsfront, stoppt kurz danach und die junge Fahrerin ruft, während ich auf meinem Fußgängerüberweg die Kreuzung überquere und das Ganze beobachte, aus dem eilig heruntergekurbelten Fenster laut

"Alter, lern du mal richtig Auto fahren!"

Als Antwort darauf gibt es aus der Schwanzverlängerung nur ein trockenes "Alte, lern du erstmal richtig Auto KAUFEN!!"

Dann wieder Bleifuß und die Schwanzverlängerung verschwindet hochtourig röhrend auf der inoffiziellen Rennstrecke Ring 2 Richtung Wandsbek.

Sonntag, 17. Mai 2015

Sternenhimmel

Später Abend.

Ich steige am Baumwall in die fast leere U-Bahn und habe freie Platzwahl.

Ich setze mich auf einen Platz am Fenster und ziehe mir meine Kopfhörer über die Ohren.

Musik an, noch kurz durchs Fenster mit müden Augen den nächtlichen Hafen bewundert, dann Hirn aus, Augen zu, ab nach Hause.

Ein paar Stationen später, im Ohr gerade einen sehr ruhigen Part, höre ich Geräusche, die ich nicht direkt einordnen kann und öffne die Augen wieder.

Kurz muss ich wegen der blendenden Lichter im Waggon blinzeln, dann erkenne ich ein Mädchen, Mitte zwanzig ist sie vielleicht und sie tastet sich mit ihrem Blindenstock durch den Mittelgang und lässt sich, bevor ich ihr vermutlich eh unnötige Hilfe anbieten kann, ins Sitzabteil rechts gegenüber fallen und schnauft erstmal tief durch.

Da das erleichtert und ermüdet klingt und sie scheinbar einen anstrengenden Abend hatte, entschließe ich mich dazu, die Klappe zu halten und ihr ihre Ruhe zu lassen, obwohl ich mir einbilde, sie habe kurzzeitig in meine Richtung gelächelt, bevor sie sich auf den Sitz plumpsen ließ.

"Das war sicher Kopfkino", denke ich mir, "ganz klar, warum sollte die dich denn bitte anlächeln? Die sieht dich nich, gesagt haste nix, haste dir wieder was eingebildet, kannste ja gut."

Ich fläze mich auf meine Sitzbank, schließe wieder die Augen, lehne den Kopf an die Fensterscheibe - klonk - und das Handy switcht zum grandiosen ClickClickDecker.

"Ich beneide Dich um Deinen Sternenhimmel."

Ich muss automatisch grinsen und bin mit der Gesamtsituation sehr zufrieden.

Das Lied beginnt und wie ich das manchmal so mache, wenn ich mich vor Beobachtern sicher wähne oder gute Laune habe, singe ich nicht mit, zumindest nicht laut, ich forme nur die Worte mit den Lippen.

Nur für mich ganz allein.

Fast vollkommen lautlos.

Vermutlich sehe ich dabei zum Schießen komisch aus, das ist mir aber vollkommen egal.

Das Lied läuft so knappe drei Minuten und ich "singe" für mich allein mit und freue mich, danach shuffelt das Handy zu was Instrumentalem und ich wippe nur noch im Takt mit dem Fuß.

Kurz vor der Kellinghusenstraße tippt jemand sacht auf meine Schulter.

Ich schaue hoch. Das blinde Mädchen aus dem Abteil gegenüber. Dieses Mal lächelt sie mich wirklich an.

"Was für ein schöner Text, den du geflüstert hast. Verrätst du mir, von wem der ist?"

Ich bin vollkommen baff und kriege es grad noch so hin, ihr Songtitel und Musikanten zu nennen, dann steigt sie mit über den Boden ratterndem Stock aus, winkt dabei mit der freien Hand und dann fährt die Bahn ab.

Und ich sitze verwirrt da.

Dann muss ich lachen und bin glücklich für einen Moment.

Sonntag, 3. Mai 2015

Der Neue

Es ist irgendwann Anfang des Jahrtausends und ich bin empört.

Vielleicht beleidigt.

Definitiv aber gekränkt! Und das sehr!

Da surft man sinn-und-verstandlos im Internet herum und landet - vollkommen zufällig und über verschlungene Wege natürlich - auf dem Profil der Exfreundin auf irgendeiner der damals so angesagten Flirtseiten und auf eben diesem Profil, das eben diese Exfreundin mit Akribie pflegt, steht als Beziehungsstatus:

Vergeben.

"Sorry Jungs, aber ich bin vom Markt ;))" steht da noch als Zusatz.

Ich lese das nochmal, vielleicht hab ich mich ja verguckt.

Hab ich nicht. Manu hat einen Neuen.

Rumms.

Erste Reaktion: Ungläubiges Fluchen ob noch gewähnter Rückgewinnungschancen.

Zweite Reaktion: Anruf beim besten Kumpel.

"Ahoi!"

"Ahoi, Manu hat n Neuen!"

"Aha, direkt auf den Punkt. Wer sagt das?"

"Internet sagt das."

"Wenn's im Netz steht, ist es wahr! Plan?"

"Bier!"

"Läuft. Ich komm nachher längs."

"Läuft." *klick*

Ein paar Stunden später steht mein Bester mit einem Sixpack vor der Tür.

"Und, wer ist Manu's Neuer?"

"Kein Plan."

"Aber dir geht's doof?"

"Jepp."

"Aber ihr wart doch nur kurz zusammen?"

"Jepp."

"Ganz kurz sogar nur."

"Jepp."

"Halbes Jahr?"

"Fast."

"Hmm."

Schweigen.

Dann ist das Bier leer.

"Das Bier ist leer."

"Das ist schlecht."

"Und jetzt?"

"Neues!"

"Läden sind zu!"

"Das ist schlecht."

"Tanke?"

"Teuer."

"Hmm."

Pause.

Lange Pause.

"Du musst unter Leute, wir fahren jetzt auf den Dom!"

"Dom ist doof."

"Egal, da fahren wir jetzt hin. Auf!"

Mein Bester ist sehr gut darin, einen zu Dingen zu überreden, die er für richtig hält und so stehe ich vierzig Minuten später mit einem neuen Bier von der Tanke (teuer) auf dem Hamburger Dom inmitten fürchterlicher Unmenschenmengen und habe faszinierend schlechte Laune.

Lichter blinken, Chartsquatsch dröhnt blechern aus Lautsprechern, Deppen johlen oder rempeln, viel zu sehr geschminkte minderjährige Tussis warten auf die Einladung zur nächsten Runde Autoscooter...und uns entgegen kommt Manu. Arm in Arm mit ihrem Neuen.

Ich stoppe.

Sie stoppt.

"Sag mir einen Plan!" raune ich meinem Besten zu.

"Hab keinen. Du?"

"Theoretisch hauen. Aber geht nicht, der Typ ist ja riesig!"

"Ja, bestimmt 1,90!"

Die beiden kommen auf uns zu, in Gedanken rolle ich die Ärmel meines Pullovers hoch und gehe in Kampfhaltung wie ich sie bei Boxkämpfen im TV gesehen habe.

"Dance like a butterfly, sting like a bee!" Muhammad Ali hat ja gesagt, wie's geht. Ich bin wild entschlossen. Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Manu steht ein wenig unsicher vor uns, ich schaue so grimmig ich eben schauen kann, mein Bester stärkt mir den Rücken, leider scheitert er am grimmigen Blick grandios. Aber der Wille zählt.

"Huhu! Ist ja lustig, euch hier zu treffen! Das da ist übrigens Basti. Naja, mein neuer Freund." Sie macht eine Pause, dann folgt irritiert "Warum guckt ihr denn so...komisch? Ist das ein böser Blick?"

Damit kann sie nur meinen Besten meinen, mein böser Blick ist perfekt und ich will grade zu ausschweifenden Erklärungen ausholen, warum ich mit der Gesamtsituation unzufrieden bin, als sich Basti zu mir rüber beugt und mir auf die Schulter klopft.

"Moin Alter! Hab grad drüben Bonscher gekauft, die sind klasse! Nimm dir paar, dein Kumpel auch! Wieso stehst du da eigentlich wie so'n Boxer?"

Etwa zehn Minuten später sind er, mein Bester und ich dickste Freunde und ein paar Jahre später, nachdem Manu ihn abgeschossen hat, klingelt spät am Abend mein Handy.

"Ahoi!"

"Ahoi, Manu hat n Neuen!"

"Alles klar Mann. Ich bin auf dem Weg!"...



("Manu" und "Basti" heißen natürlich nicht wirklich Manu und Basti. Ich werd den Teufel tun und hier Klarnamen von Privatpersonen veröffentlichen. Sicherheitshalber nochmal als Hinweis.)

Dienstag, 14. April 2015

Mitgehört (6): Punx not dead

Auf dem Gehweg an der Reeperbahn hat es sich eine Gruppe Punks bequem gemacht.

Sie sitzen oder liegen entspannt herum, ab und an wird an der Billigbierdose genippt oder mal ganz beiläufig ein Vorbeilaufender angeschnorrt.

Man muss entweder - wenn grad kein Auto kommt - auf die Fahrbahn  ausweichen und läuft so außen um die Gruppe herum oder man läuft mitten hindurch und umkurvt die herumchillenden möglichst elegant wie Slalomstangen.

Ein Bodybuildertyp in klischeehafter Klamotte, die ihm fast vom Körper platzt, hat darauf keine Lust. Er pflügt einfach durch die Gruppe hindurch, seine solariensonnensüchtige Freundin hat er dabei fest im Griff und zerrt sie hinter sich her.

Während er eine Schneise durch die Herumsitzenden schlägt, tritt er wohl im Vorbeilaufen einem von ihnen mehr oder weniger versehentlich gegen das Bein und sein Opfer, ein junger Typ von vielleicht sechzehn Jahren mit grüngefärbtem Iro und SLIME-Shirt windet sich daraufhin so theatralisch auf dem Boden wie Pippo Inzaghi es seinerzeit regelmäßig und mit viel Erfolg im Strafraum des jeweiligen Gegners tat.

"Eyh, das war Absicht! Bleib stehen!" ruft er dem Übeltäter mit weinerlicher Stimme hinterher und er schaut tatsächlich, als wolle er gleich losheulen.

"Bleib stehen oder ich ruf die Polizei!"

"Geht nicht!" ruft ihn sein maximal ein Jahr älterer schlecht blondierter Kumpel zur Raisson. "Du kannst nicht die Polizei rufen, wir sind Punks, wir hassen die Polizei. Und die hassen uns! Das weißt du doch!"

Darauf überlegt der Iro-Träger kurz und zuckt dann entschuldigend mit den Schultern.

"Ja, Scheiße, hast Recht. Das vergesse ich immer. Du bist halt schon länger Punk als ich, das merkt man voll!"

Donnerstag, 9. April 2015

Übers Bloggen bloggen: Ein Blogstock von Karo.

Guck an, ein Blogstöckchen mal wieder.

Geschmissen von der guten Karo und tatsächlich gern angenommen von mir, der ein bisschen gedankenlos sein altes Handy mit den ganzen vorgeschriebenen Texten und Textideen verschenkt hat, ohne selbige vorher aufs neue Telefon zu kopieren und der deswegen jetzt irgendwie ein bisschen auf dem Trockenen sitzt. Anfängerfehler, weiß ich. War aber ein Notfall und musste sein. Hilft grad einem mir wichtigen Menschen, von daher alles gut.

Übers Bloggen soll ich also bloggen. Seit längerem schon, der Blogstock liegt hier schon ein paar Tage rum. Und jetzt dann endlich mal raus mit ihm...

1. Gibt es jemanden, der dich zum Bloggen inspiriert hat?

Na, "inspiriert" würd ich jetzt nicht unbedingt sagen. Das Bloggen kam ja irgendwie zwangsläufig, nachdem die Bewertungsplattform "Qype" vor 2,5 (oder so) Jahren die Schotten dicht gemacht hat.

Mit dem "Schreiben im Internet" hatte ich auf dem Portal irgendwann mal derbe angeschossen im Hinterzimmer einer meiner liebsten Hauptstadtkneipen begonnen, weil ich die Mitmenschheit wissen lassen wollte, wie gern ich den Laden hab - schön blöd eigentlich. Aus purem Narzissmus habe ich Tage später nachgeschaut, ob mein mühsam zusammengeschusterter Siebenzeiler ohne jegliche wichtige Information irgendwelche Reaktionen hervorgerufen hatte. Hatte er nicht, was im Nachhinein nicht verwundert.

Aus mir unerfindlichen Gründen habe ich mich noch ein wenig durchs Portal geklickt und bin über einen Text des artist formerly known as "Underdog" gestolpert, den ich ziemlich abgefeiert habe. Habe noch einen gelesen und dann noch einen...eine Stunde später hab ich mir dann gedacht: "Was der kann, kannst du so ähnlich auch!", hab dem Kollegen "Underdog" ne Follower-Anfrage geschickt - schön mit siezen und der nötigen Unterwürfigkeit eines Rookies und so, er kam sich vermutlich vollkommen veräppelt vor - ...und denn hab ich angefangen zu schreiben und recht fix bemerkt, dass mir das Spaß macht.

Nach Qypes Exitus war der Blog die logische Konsequenz. Ich hatte inzwischen eh nur noch wenig Bock auf das Bewerten von Restaurants oder Discoklos, sondern wollte lieber andere Texte schreiben, persönlichere oder so. Et voilà. In der Häufigkeit hat's abgenommen, das wird aber auch wieder werden. Im Leben gibt's grad andere Schwerpunkte.

Zusammengefasst: Inspiriert hat mich so direkt keiner, aber ernsthaft mit dem Schreiben angefangen hab ich eigentlich nur wegen der Texte von "Underdog". Sorry Alter, aber den Schuh musste dir anziehen. Du wirst es überleben...bin mir da ziemlich sicher.

2. Welches sind die Blogs die du am regelmäßigsten liest und warum?

Ich muss zugeben, ich lese nur sehr wenige Blogs und regelmäßig sind es vielleicht fünf. Das wären der Kiezneurotiker, DieFreaks, Amelie, KreuzbergSüdOst und ein US-Sport-Blog, der sich ausschließlich mit Spielanalysen und Interna meines favorisierten Baseball-Teams auseinandersetzt und den neben mir außerhalb der Staaten vermutlich niemand sonst kennt. In andere Blogs lese ich oft mal rein, dann auch gern mal gleich dreißig Posts am Stück und dann speichere ich den Link in meinem Sammelordner ab und krame ihn immer mal wieder heraus. Von "regelmäßig lesen" kann da also keine Rede sein.

Warum ich die erwähnten Blogs regelmäßig lese? Weil mir die angesprochenen Inhalte und aufgegriffenen Themen gefallen bzw mich interessieren und weil ich die Art und Weise mag, wie sie wiedergegeben werden. Lustigerweise sind alle vier hier relevanten Blogs aus Berlin. Das verbuche ich mal unter "Zufall".

3. Findest du, das Bloggen eine heilsame Wirkung hat?

"Heilsam" ist vielleicht übertrieben, aber um den Kopf frei zu kriegen, um sich wieder auf Wichtigeres konzentrieren zu können, finde ich es ab und an recht hilfreich. Ich bin schon zwei, drei Mal entspannter eingeschlafen, weil ich störende Gedanken vorher verbloggt hatte.

Umgekehrt bin ich aber auch nicht nur ein Mal genervt und mit Bauchweh ins Bett gegangen, weil Gedanken oder Ideen sich partout nicht in veröffentlichungswürdige Texte fassen lassen wollten. Da könnt ich dann durchdrehen! Aber das kommt zum Glück eher selten vor.

4. Hast du nur einen oder noch andere Blogs? Wenn ja warum?

Ich hab nur diesen einen Blog. Das reicht aber auch. Ich hab zwar theoretisch (leider) Zeit für mehr, nicht aber genug Ideen.

Und wenn es mich doch mal juckt und ich unbedingt ein Restaurant/einen Döner-Dealer/ein Discoklo empfehlen oder verreissen will oder muss, dann hab ich da anderswo ein Profil für. Möcht ich auf dem Blog nicht haben.

Da fällt mir ein, dass ich den Döner-Dealer-Verriss von ganz am Anfang lange schon löschen wollte...

5. Würdest du deinen Blog auch löschen? Aus welchem Grund?

Da hab ich noch nie drüber nachgedacht.

Komplett löschen würde ich ihn nur, wenn ich vorher sämtliche Texte irgendwo als Kopie hätte. Einfach der Form halber. Fakt ist, dass ich vielleicht zehn Texte irgendwo als Kopie herumfliegen habe. Auf nem verschenkten Handy, komm ich also momentan auch gar nicht ran. Hab ich mal wieder gut durchdacht, die Nummer.

Vermutlich würd ich den Blog eher offline stellen. Steckt ja nun auch ein bisschen Herz, Zeit und "Arbeit" drin.

Da einfach den Stecker ziehen und bei nem Glas Wein zuschauen, wie das alles gen Nirwana rauscht? Da müsst ich schon sehr masochistisch veranlagt oder launetechnisch SEHR angepisst sein.

Da ich mir bis dato keine Gedanken darüber gemacht habe, kann ich die Frage nach dem Grund nicht beantworten. Aber im Fall des Falles werd ich schon einen haben.

6. Wie hälst du es mit der Privatsphäre? Hast du darüber nachgedacht, wieviel du warum preisgibst?

Darüber habe ich definitiv zu wenig nachgedacht, als ich den Blog startete. Hätte ich mir darüber genügend Gedanken gemacht, so  tauchte sicherlich nicht mein realer Vorname in der URL auf. Das Ding würd dann jetzt  cellardoor.blogspot.de (als Hommage an den Lieblingsfilm) heißen oder deinemutti.blogspot.de oder was weiß ich. Aber nicht so wie es jetzt heißt. Definitiv nicht. Das ärgert mich, ist aber ja leider nicht mehr zu ändern.

Ich glaube, so wahnsinnig viel privates habe ich bislang nicht preisgegeben. Und das habe ich eigentlich auch weiterhin nicht vor.

Ich habe weder vor dem Haus herumlungernde "Fans" noch Stalker, die meine Heimatstadt nach mir durchsuchen und mir mit Worten wie "Hab dich!!" Fotos von Menschen mit Schuhen wie ich sie trage schicken. DAS ist gruselig und wäre für mich ein Grund, die ganze Sache hier ernsthaft zu überdenken.

Wie viel ich warum preisgebe liegt immer daran, wie wichtig oder sinnvoll es meiner Meinung nach für den entsprechenden Text ist. Bisher kann ich noch alles vor mir selbst verantworten.

Sobald ich das Gefühl nicht mehr habe, ist hier eh Feierabend.

Will sagen: Drüber nachgedacht wurde natürlich...hier und da evtl aber etwas unzureichend. Dessen bin ich mir bewusst und darauf wird nun noch besser geachtet.

7. Würdest du einen Kooperationsblog gründen? Mit anderen Bloggern? Oder schreibst du lieber ausschließlich allein?

Ich bin sehr gern allein und tue ergo auch viele Dinge am liebsten allein.

Aber gegen einen Kooperationsblog hätte ich prinzipiell nichts einzuwenden. Vorausgesetzt natürlich, dass die sich zusammenschließenden SchreiberInnen auch gemeinsam funktionieren und auf einer Welle liegen.

Vor ein paar Wochen las ich mal auf so einem "JederMitJedem"-Blog (Name entfallen, sorry) einen Konzertbericht über meine momentan liebste deutschsprachige Band. Gefiel mir gut. Der darauffolgende Blogpost zeigte dann die Vorteile von und "Vorurteile" gegenüber der Pegida-Bewegung auf.

Die Band und Pegida sind thematisch und von der generellen Denke her so weit auseinander, wie ich von einem Doktortitel in Astrophysik weg bin. Lichtjahre. Da hat das mit dem Kooperieren entweder nicht geklappt oder wurde gekonnt ignoriert.

Kooperation finde ich gut. Ist glaube ich aber (siehe genanntes Beispiel) im Internetz nur extrem schwer machbar. Da muss man sich schon sehr gut kennen und/oder einschätzen können. Und wer kann das schon online? Ich zumindest kann es nicht. Von daher mach ich lieber allein weiter.

8. Was sind die schlechtesten Blogs die du kennst?

Kurz und schmerzlos: Ich habe keine Ahnung!

Die Blogs, die ich mehr oder weniger regelmäßig lese, finde ich logischerweise alle gut bis sehr gut.

Und die Namen von denen, die ich mal angelesen und für scheiße, albern oder unsinnig befunden habe, habe ich mir konsequenterweise nicht gemerkt.

Unbefriedigende Antwort, ich weiß. Excuse moi.

Wie auch bei den letzten Malen ist mein Blog für jegliche Blogstöckchen eine Einbahnstraße. Hier endet ihre Reise, ich werf sie nicht weiter. Ich wüsst nicht zu wem.

Sollte sich trotzdem jemand zu einer Antwort berufen fühlen...keine Schüchternheit vortäuschen, immer raus damit!