34 Grad. Die Sonne brennt. Ich schwitze wie ein Weltmeister und wünsche
mir norddeutsches Klima herbei. Jetzt bei 13 Grad im Nieselregen
herumlaufen, wie herrlich! Stattdessen ballern mir weiterhin diese hammerharten Temperaturen und
ein wolkenloser Himmel auf die Schädeldecke. Nicht zum Aushalten!!
Also
sitz ich da, im Kreise meiner Reisegruppe. In der Sonne, auf den
Treppenstufen, die rund herum des riesigen Platzes angelegt sind. Hinter
uns umrunden im Abstand von einigen Metern steinerne Säulen den Platz
und in dem Rundgang unter dem Dach, das diese Säulen stützen, den
Colonaden, ist der Teufel los. Der Teufel im Vatikan in Form von
was-weiß-ich-wieviel-tausenden Menschen, die mit uns warten. Darauf,
das er erscheint. Er, der alte Mann im weißen Gewand. Habemus papam!
"Wir sind Papst!" Hallelujah!! Seine Heiligkeit, der Papst, soll hier
nachher in seinem Papamobil oder einem anderen Gefährt durch die in
mindestens zweistelliger Milliardenzahl anwesende Menschheit rollen,
dabei Hände schütteln, selig sprechen, taufen, weiß der Geier, was der
Kollege sonst noch tun soll, will, muss.
Ich bin gespannt. Und
sitze und warte und schwitze und rate beim lustigen Gruppenspiel "Wer
bin ich?" mit. Gezwungenermaßen. Die Zettel kleben dank des Schweißes
von ganz allein an der Stirn, was das ganze Spiel etwas eklig macht. Und
ich bin George Bush. DAS macht es auf KEINEN Fall besser. "Bin ich ein
strunzdummes, was Politik angeht vollkommen inkompetentes Arschloch, das
bei seiner Wahl bewiesenermaßen beschissen hat?" fragt doch niemand bei
so einem Spiel, wie soll ich da denn meine geheime Identität
entschlüsseln?! Ich verliere. Meine Laune sinkt in den Keller.
Ich
gehe einfach mal los, noch ist der Platz leer, noch kann man das
machen. Die Hitze macht fertig. Ich laufe bis so etwa in die Mitte des
Platzes. Das sind knappe 100 Meter, wahrscheinlich sogar mehr. Hätte
ich doch jetzt bloß schon mein tolles Smartphone. Hab ich aber nicht.
Grad wärs hilfreich, denn der Anblick ist nicht in Worte zu fassen und ich hätte doch so gern Erinnerungsaufnahmen. Ich
dreh mich langsam im Kreis und sehe in immer fast gleichbleibender
Entfernung die Stufen, auf denen irgendwo auch meine Gruppe sitzt, die
weißen Säulen und in
den Colonaden drängen sich die Massen. Der Platz ist fast menschenleer,
denn keiner will ja in der prallen Sonne sitzen, die überdachten Gänge
quellen über vor lauter Menschheit. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß die da
viel viel mehr schwitzen als ich, der mitten auf diesem beeindruckenden
Fleck Erde steht, das Panorama des Petersdoms im Rücken. Und noch dazu
ist es ein verdammt geiles Gefühl, diesen Platz fast für sich allein zu
haben! Ich fühl mich richtig gut, aber an
so einem heiligen Ort kann selbst ich mich zurückhalten. Ergo nicht wieder in lautes Kampfgebrüll ausbrechen, nur mal
kurz die Faust in der Hosentasche ballen und ne Runde in sich rein freuen.
Auch
die beiden Brunnen auf dem Petersplatz sind beeindruckend, in dem, an
dem im Buch "Illuminati" der Bischoff (oder was der war) abgemurkst
wird, baden sich einige wenige Schwitzende die Füße. Auch schön. Ich
überlege, ob das bei so einem Kunstwerk von Brunnen nicht irgendwie
barbarisch ist - würde aber sofort mitmachen. Abkühlung, oh Mann. Das
wär jetzt ein Hit!
Zurück zu meiner Gruppe. Ich setz mich hin,
schau mich um...ein ziemlich hübsches Mädchen mit langen dunklen Haaren
hat eine eingefrorene Wasserflasche in den Händen, dreht und wendet sie,
schaut sie fragend von allen Seiten an...guckt dann mit großen Augen in
die Runde und fragt: "Wie bekommen die eigentlich das Eis in die
Flasche?!?" Betretenes Schweigen. Ungläubige Blicke. Ich spiele mit dem
Gedanken, entweder mit dem Finger auf sie zu zeigen und laut zu lachen
oder die nächsten 30 Minuten mit dem Kopf vor eine dieser riesigen
Säulen zu hauen...
Das kann jetzt nur noch der Papst, UNSER Papst retten! Aber der kommt nicht. Warten.
30
Minuten später. Hätte ich mal den Kopf gegen die Säule gehauen. Dann
wär hier jetzt Ende. Kein Papst zu sehen. Aber der Platz füllt sich
zusehends. Ich könnt was essen...
30 Minuten später. Der
Platz ist voll. Kein Papst zu sehen. Wo und wie soll der auch
durchkommen mit seinem Autodingsbums? Ich könnte nicht nur, ich müsste
sogar dringend was essen....
30 Minuten später. Auch ein Papst kann sich mal verspäten. Auch um eine Stunde. Der ist alt, der braucht halt länger.
Mein Magen macht seltsame Geräusche.
Eine
halbe Stunde später. Der Magen brüllt mich an. "Gib Essen! Du Arsch!!"
Ich leide. Er auch. Der Platz ist inzwischen rappelvoll. Gedränge und
Geschubse, schlimmer als bei Metallica vor der Bühne. Ellenbogen werden
verteilt, jeder will der erste in der Reihe sein. In welcher Reihe
eigentlich? Es lässt sich keine ausmachen. Durchsage: Der Heilige Vater
ist auf dem Weg. Hatte wohl verschlafen.
Zehn Minuten später.
Mein Magen bringt mich um. Im Umkreis von etwa 20 Metern kann man ihn
knurren hören und ich werde böse angeschaut und mir wird ein
"Psssccchhhtt!!" entgegengezischt wie im CinemaxX in der
Abendvorstellung beim Aufreißen der Chipstüte.
Ich will
durchhalten, ich will. Ich WILL. Meine Omi ist so stolz. "Ach Gott, der
Junge trifft den Papst!" Geweint hat sie vor Rührung. Omi ist sehr
gläubig.
Und ich bin sehr hungrig.
Ich habe
das Gedränge des Platzes gerade hinter mir gelassen, da bricht der Jubel
los. Da isser wohl, der alte Mann im weißen Gewand. Und verteilt
vermutlich High-Fives. Und Segen. Und was weiß ich noch.
Is mir wurscht.
Ich
finde eine kleine Pizzeria etwa 500 Meter vom Petersplatz weg und 10 Minuten später
stopfe ich ein Meisterwerk, erschaffen von einem wahren Meister der Pizzabäckerzunft, in mich rein, als gäbs kein morgen mehr.
Habemus Pizza! Besser geht grad nicht!
Der Papst muss warten.
Nächstes Mal denn...
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