Dienstag, 23. April 2013

Die (dumme) Kuh beim Bäcker

Vorhin beim Bäcker:

Vor mir eine ältere Omi, so Mitte 70, mit Hackenporsche und Gehstock, auf der Theke liegen geschnittenes Vollkornbrot und ein paar Stücke Obstkuchen, der ist für die Enkel, die am Nachmittag zu Besuch kommen werden, wie Omi aufgeregt erzählte.

Omi fummelt hektisch am Portemonnaie herum, während die maximal 20-jährige Verkäuferin bereits zum dritten Mal in genervtem Tonfall "Macht dann fünf Euro siebzig Cent!" herübernölt und dazu mit den Augen rollt.

Eine sympathische Erscheinung...

Omi fummelt weiter und fördert zwei Scheine zutage, einen Fünfer und einen Fuffi. Letzteren reicht sie lächelnd über die Glastheke.

"Kann ich nich wechseln, brauch ich kleiner!" nölt das Fachpersonal genervt. Allmählich bin ich auch genervt, allerdings nicht von der Omi.

"Aber Liebes, ich hab doch sonst nichts anderes...was machen wir denn jetzt?" fragt Omi leise und die Thekentusse reißt das Packpapier auf und bugsiert eins der Obstkuchenstücke zurück in die Auslage. "Nehm ich was weg, wird's billiger! Vier Euro fünfzig Cent!" Ohne Omi eines Blickes zu würdigen streckt sie dreist die Hand aus. Omi sinkt ein bisschen in sich zusammen und ihr Lächeln erlischt. Ich kann ihre Gedanken förmlich lesen. "Dann bekommen nur die Enkel Kuchen, ich kann auch nur Tee trinken." So oder so ähnlich muss es sein.

Ich bin nun wahrlich alles andere als ein Heuchler oder Gutmensch, aber wenn ich sowas beobachte, dann kommt's mir hoch und ich werd sauer. Das könnt schließlich ebenso einer meiner geliebten Omis passieren.

"Entschuldigung, ich hab viel Münzgeld, ich zahl die fehlenden siebzig Cent! Packen sie mal bitte den Kuchen wieder ein für die Dame!"

Die Verkäufertusse schaut mich an, als sei ich ein Gespenst, tut dann aber mit widerwilligem Gesichtsausdruck, worum ich gebeten habe, schiebt Omi ihr Kuchenpaket rüber und kassiert wortlos. Und wirft mir dabei einen Blick zu, der nur und ausschließlich zum Töten gedacht ist.

Omi ist leicht verdattert, aber dann packt sie ihr Zeug ein und strahlt. Der Enkelkinderbesuch ist gerettet. Jemand aus der Schlange, die sich hinter uns gebildet hat und aus der sich niemand beschwert hat, hält ihr die Tür auf, als sie samt Stock und Hackenporsche die Bäckerei Richtung Bushaltestelle verlässt und ein Mann um die fünfzig streckt seinen Daumen in meine Richtung nach oben.

Die Thekentusse wendet sich wieder mir zu. Genervtes Augenrollen. Aber ich kann sie beruhigen.

"Neeh, danke, ich will hier nix mehr kaufen. Zumindest nicht von Ihnen. Ich geh heut mal zur Konkurrenz gegenüber! Schmeckt zwar nicht so gut, aber zumindest wurden die Mitarbeiter da gut erzogen."

Ich verlasse den Laden und die Hälfte der Anstehenden macht es mir nach, zumeist breit grinsend.

Als ich über den Bürgersteig laufe, fährt Omis Bus grad ab. Sie sitzt am Fenster und winkt mir lächelnd zu.

4 Kommentare:

  1. Hoffentlich hats Cheffe auch mitbekommen^^

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  2. Einfach nur schön, genau richtig reagiert!

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  3. Hast du genau richtig gemacht! Und gut auch, so einen "Vorfall" mal öffentlich zu schreiben.

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  4. Du bist ein guter Mensch. Das waren mindestens 150.000 Karmapunkte und im nächsten Leben kommst du so reich wie Uli Hoeneß auf die Welt. :)))

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