Berlin ist berühmt für seinen Zoo und seinen Tiergarten. Heute ging es in Berlin aber nur um ein einziges kleines Tierchen. Nein, nicht um den Osterhasen.
Um den Bieber.
Vorname Justin.
Der kleine Bieber durfte zwar seinen pelzigen kleinen Kumpel, das Äffchen, nicht mit nach Berlin bringen, was ihn ganz traurig machte, dafür warteten aber im Schnee vor der O2-World ganz ganz viele neue mehr oder weniger pelzige Freundinnen und Freunde auf ihn. Kaum einer volljährig, abgesehen von den vielen begleitenden Elternteilen, deren Gesichtsausdrücke von völlig verwirrt über ungläubig bis zu fast schon panisch variierten. Wie soll man die eigene Brut bloß wiederfinden, wenn die hier abhanden kommt und sich vor lauter Hormonüberschuß kaum noch auf den Beinen halten kann, während sie durch die Menschenmassen irrt? Keine Chance. Nicht in diesem Chaos.
Zum Glück hab ich solche Sorgen mit Sohnemann nicht. Der kann den kleinen Bieber nicht ausstehen. Stattdessen lieber Ne-Yo oder Chris Brown. Das ist natürlich viel besser als der kleine Bieber. Man muss nur ganz fest daran glauben...
Wie selig sie alle lächeln, wenn sie bis zum Maximum aufgehübscht oder im Falle der recht wenigen kleinen Jungs bis zum Gipfel der Coolness gestylt von der U-Bahn-Station rüber zur O2-World eilen und wie plötzlich diese Glückseligkeit sich in Luft auflöst, wie hart die Realität zuschlägt, wenn sie die irrwitzig lange Schlange Wartender entdecken, die sich in einem verwirrenden Zickzackkurs über den Vorplatz der O2-World windet.
Die Schlange derer, die allesamt vor ihnen eingelassen werden, weil sie vermutlich seit Mitte März hier ausharren, mit Schlafsack, Teddybär und selbstgemaltem Herzchenposter.
Diese urplötzlich desillusionierten verzweifelten Blicke der kleinen Bieberfreunde sind greifbar. Erste Reihe, das wird nichts werden.
Die Traumblase zerplatzt.
Plopp.
Ich ertappe mich bei einem Grinsen.
Zeit für ein kleines Experiment. Ich wandere die ewig lange Warteschlange entlang bis ich ganz vorn vor der Eingangstür angekommen bin. Und dann stelle ich mich an. Vorderste Front. Noch vor all die verfrorenen Camper mit dem Tee aus der Thermoskanne. Mal sehen, wie lange das jetzt gut geht...
Nicht lange. Nach wenigen Sekunden die ersten bösen Seitenblicke, Getuschel, man zeigt mit dem Finger auf mich. Gut, sieht vielleicht auch ein bisschen seltsam aus, so ein vollbärtiger Mittdreißiger in vorderster Front beim kleinen Bieber. "Entschuldigen Sie mal, wir waren aber zuerst hier!" ruft mir eine Mutter zu, ihre etwa zwölfjährige Tochter nickt bestimmt. Ich versuche mich mit "Schon gut, ich hab das vorher per Mail abgeklärt, ich darf nach vorne!" zu rechtfertigen, was misslingt, probiere einen halbherzigen Versuch, mich durchzusetzen, aber der Mutter schwillt eine riesige Zornesader auf der Stirn und auch sonst wird Unmut laut, dieses Revier hier ist nicht meins. Sagt mir dann auch der nette Security-Mann, der sich wohl nicht ganz sicher ist, ob ich das alles ernst meine. Ich geh mal lieber wieder.
Als ich auf der anderen Straßenseite vor der East Side Gallery angekommen bin, höre ich, wie vorn am Eingang das Gekreische ein völlig neues Level erreicht. Die Tore sind offen, jeder will in die erste Reihe. Ab jetzt heißt es hier: "Survival of the fittest".
Gab es da nicht schonmal einen Musiker, der ständig einen Affen mit sich rumgeschleppt hat? So fängt das an. Wenn der kleine Justin sich jetzt noch die Nase kaputtoperieren und die Haut bleichen lässt und mit kleinen Kindern... Äh, das lassen wir mal beiseite. Was wollte ich schreiben? Ach ja: Das wird mal ein böses Ende nehmen! Vielleicht nicht im Leichenschauhaus - ich wünsche ja keinem was Böses. Aber die örtliche Klapsmühle hält sicher schon eine Zelle, äh, ein Zimmer bereit.
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