Samstag, 31. Mai 2014

22 Gleichgesinnte

Vor zwei Tagen erwähnte die geschätzte Karo auf ihrem lesenswerten Blog die Seite "Spleen24". Das fand ich ganz lustig, denn ich kenne die Seite ebenfalls und lese da gern mal eine Runde mit. Hatte über sie auch bereits in einem Text geschrieben, der aus verschiedenen Gründen nie fertig geworden ist. Zumindest fand ich ihn nie veröffentlichungswürdig.

Also habe ich mich noch mal hingesetzt und herumgebastelt, um das zu ändern.

Lieber spät als gar nicht...

Vor einiger Zeit bin ich also selbst schon über den Blog "Spleen24" gestolpert. Ich sah etwas darüber im TV, ich meine, es war bei "TV Total", da bin ich mir aber nicht mehr sicher.

Bei "Spleen24" handelt es sich um eine Internet-Seite, auf der der geneigte User über seine - wer hätte das gedacht? - persönlichen Spleens, Ticks und Angewohnheiten berichten kann, die er selbst vollkommen normal, die Allgemeinheit aber unter Umständen ein wenig abgedreht oder einfach komplett verrückt findet.

Das fand ich ganz lustig, las mich ein wenig durch die gesammelten Einträge und fand mich zu meinem großen Erstaunen in nicht wenigen davon wieder.

Eine sehr seltsame Situation. Man liest etwas, muss lachen, denkt sich "Wahnsinn, wer macht denn solchen Scheiß?" - und dann kommt der Moment, in dem man erkennt:

"Alter, DU machst solchen Scheiß!"

Nur halt unbewusst, es fällt einem selbst ja gar nicht auf. Bis zu dem Moment der...Erkenntnis. So nenne ich das jetzt mal ganz hochtrabend.

Ab diesem Moment ist der "Scheiß" auch kein "Scheiß" mehr, sondern vollkommen normal.

Ich war gleichzeitig ziemlich amüsiert, in gewisser Weise aber auch ein wenig "erschrocken" darüber, wie oft ich eigene Verhaltensmuster in den Beschreibungen anderer wieder erkannte.

Da geht es nicht um irgendwelche ekligen oder gar perversen Sachen, es geht um alltägliche Dinge, die ich für vollkommen selbstverständlich halte. Sie gehören ganz einfach dazu und einige von ihnen tue ich, seit ich denken kann.

Das geht los beim Anziehen der Socken und Schuhe. Erst rechts, dann links, anders herum funktioniert das nicht. Rechter Socken, dann linker Socken. Ebenso bei den Schuhen. Rechter Schuh, danach der linke. Links vor rechts ist nicht drin. Das Verhalten scheint allerdings recht weit verbreitet zu sein.

Ich gehe zum Beispiel auch nicht unter Leitern hindurch. Nicht weil ich denke, dass das Unglück bringt, das halte ich für Hokuspokus, obwohl ich ziemlich abergläubisch bin...nein, ich mag es ganz einfach nicht. Es fühlt sich unangenehm an. Das Gleiche gilt für Baugerüste an Häuserfassaden. Da kann man ja auch unten drunter durch gehen durch eine Art "Tunnel".

Ich tue das nur äußerst ungern. Lieber wechsle ich die Straßenseite, notfalls laufe ich dafür auch zurück bis zur nächsten Fußgängerampel oder renne einfach so über die Straße. Interessanterweise stellen einfache Leitern aber ein deutlich größeres Problem dar als die langgezogenen "Tunnel". Durch die "Tunnel" zu gehen, krieg ich - wenn auch ungern - hin. Unter einer Leiter gehe ich nicht durch. No fucking way.

Wenn ich im Auto oder mit der Bahn durch einen Tunnel fahre, habe ich absolut gar kein Problem damit, im Gegenteil, das mag ich sogar.

Kompliziert kann auch der Verzehr von Süßigkeiten werden. Gummibärchen zum Beispiel. Die gibt es ja in verschiedenen Farben und am Ende, wenn nur noch ganz wenige Gummibärchen in der Tüte sind, achte ich darauf, möglichst jede Farbe in gleicher Anzahl zu haben. Das geht soweit, dass ich lieber ganz mit dem Naschen aufhöre, anstatt eins der zwei verbliebenen roten Bärchen (die mag ich nicht) zu essen, um die gleiche Anzahl zu wahren, als das letzte verbliebene gelbe oder grüne, auf das ich sehr wohl noch Appetit hätte. Äße ich das letzte verbliebene grüne oder gelbe Gummivieh, wäre rot in der deutlichen Überzahl. Und das ist dann nicht gut...

Einige ungläubige Lacher habe ich auch schon wegen meines Handy-Telefonbuches geerntet. Ich mag dort drin keine Spitznamen, ich habe bis auf wenige Ausnahmen (meine Eltern, meine Omis und meine Tante) dort jeden mit Klarnamen abgespeichert. Ja, auch den besten Kumpel, ja, auch die beste Freundin und ja, auch die letzten Lebensabschnittsgefährtinnen. Nix da mit "Schatzi", "Mausi" oder "Schnuffi".

Vorname, Nachname, Geburtsdatum.

Warum ich in meinem Handy-Telefonbuch diese Ordnung so mag und pflege, weiß ich selber nicht. In allen anderen Lebenslagen bevorzuge ich definitiv das Chaos, darin fühle ich mich deutlich wohler. Aber das Telefonbuch im Handy muss aufgeräumt sein. Keine Spitznamen. Da kommt wohl der innere Bürohengst und Paragraphenreiter durch.

Und manchmal tut mir das leid und manchmal schäme ich mich ein ganz kleines bisschen dafür.

Aber mein Gott, so isses halt, was soll ich machen?

Eine nun Ex-Freundin entdeckte mal, dass ich sie mit vollem Namen und nicht unter einem etwaigen und wohl erwarteten und gewünschten Kosenamen im Handy gespeichert hatte - mein lieber Mann, da brannte aber die Hütte! Die sonst so Niedliche und eher Schüchterne mutierte schlagartig zur Furie, da flog sogar eine Tasse in meine Richtung...das war echt abgefahren.

Hat es was geändert? Nööh. Auch in der restlichen Zeit unserer Beziehung - und das war noch über ein Jahr - tauchte sie in meinem Handy weiter mit ihrem Klarnamen auf. Ich habe ihrer Nummer dann aber ein kuscheliges Foto von ihr und mir zugeordnet, das erschien dann immer, wenn sie mich anrief und das hat sie besänftigt. Es kann manchmal so einfach sein...

Seit etwa einem halben Jahr habe ich einen ganz neuen Tick an mir entdeckt. Den hab ich sicher schon ewig, bewusst wurde er mir aber erst im letzten Winter. Oder zumindest da um die Zeit rum.

Ich lief mit meiner Freundin F. durchs Treppenhaus hoch zu ihrer Wohnung im dritten Stock und als wir angekommen waren, fragte sie irritiert, was ich denn an den Fenstergriffen so interessant fände? Ich habe mit einem fragenden "Häh?!?" geantwortet.

"Du hast doch ständig die Fenstergriffe angestarrt. Ich hab dir was erzählt und was gefragt und du hast nur die Fenstergriffe angeschaut. Den im zweiten Stock hast du sogar grade gerückt!"

Da hat es "Klick!" gemacht.

Freundin F. hatte den Satz kaum zuende gesprochen, da war wieder dieser dämliche "Moment der Erkenntnis". Mir war das bis dato nie aufgefallen aber ja:

Schrägstehende Fenstergriffe sind furchtbar! Fast schon unerträglich für mich.

Fenstergriffe haben in den ihnen traditionell zugedachten Winkeln zu stehen:

Griff-Ende steil nach unten: Fenster geschlossen.

Griff-Ende um 90 Grad nach rechts oder links zeigend: Fenster komplett geöffnet.

Griff-Ende steil nach oben: Fenster auf Kipp.

Sämtliche anderen Stellungen des Fenstergriffes oder abstruse Kombinationen wie "Griff 60 Grad rechts gedreht, Fenster geschlossen" machen mich fast wahnsinnig, sind im Prinzip inakzeptabel und werden früher oder später von mir korrigiert, wenn das denn möglich ist.

Normalerweise "korrigiere" ich solche "Missstände" (im wahrsten Sinne!) direkt, wenn ich an ihnen vorbei laufe.

Früher tat ich das manchmal nicht und es ließ mir keine Ruhe. Ich bin nicht nur ein Mal mitten in der Nacht in Schlafbekleidung aus dem dritten Stock runter in den ersten getappt, um da den Fenstergriff zwei Zentimeter nach links zu drücken, damit er dann auf "90 Grad unten = geschlossen" steht. Wenn der Griff einrastet, gibt das auch immer ein Klicken, das ich total befriedigend und beruhigend finde.

"KLICK!"

Danach kann ich dann immer prima schlafen oder mit was auch immer fort fahren - hätte ich den Fenstergriff in seiner alten Position gelassen, wären meine Gedanken nur dort aber nicht bei mir.

Eben diesen Spleen habe ich bei "Spleen24" gepostet. So als "Experiment". Ich war mir sicher, dass das kaum wer auch so macht und die Wahrscheinlichkeit, noch so einen Bekloppten zu finden, der mit schrägstehenden Fenstergriffen nicht klar kommt, war bei etwa 0 Prozent. Ist ja auch bescheuert, ist mir klar.

Vier Stunden später hatten 22 meinen Spleen teilende Menschen den an Facebook erinnernden bestätigenden "Ich auch!"-Button gedrückt, den es auf "Spleen24" gibt. Inzwischen werden es wohl noch mehr sein, ich finde leider meinen eigenen Eintrag nicht mehr wieder...

Aber hey, 22 Menschen, die auch wahnsinnig werden, wenn sie schiefstehende Fenstergriffe sehen!

22 Gleichgesinnte!

5 Kommentare:

  1. Oh ja. Da gäbe es einiges zu berichten. Da wäre zu nennen, dass ich beim Wäsche Aufhängen pro Kleidungsstück nur gleichfarbige Klammern benutze...

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    1. Von dem Tick habe ich auch schon gehört! Eine Freundin ist da ähnlich gepolt. In gewisser Weise kann ich das auch total nachvollziehen :)

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    2. Ich fasse mir mehrmals täglich an die Mundwinkel, um getrocknete Spucke zu entfernen, die gar nicht da ist. Ich glaube, das poste ich gleich mal. :)=

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    3. Ganz besonders schlimm ist es, wenn die eigene Freundin dafür absolut kein Verständnis hat und ich nach der dritten Maschine erst anfangen muss, die von ihr zuvor aufgehängte Wäsche neu aufzuhängen. Kannst du mir vielleicht mal die Nummer von, äh, ach egal...

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  2. Ha! Da ist er, der Artikel. Und wie schön er geworden ist :)

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