Samstag, 27. April 2013

Ein Kompliment

Grad eben am Barmbeker Bahnhof:

Auf dem Bahnsteig der S1 wartet ein junger Mann Mitte zwanzig.

Ein etwa gleich altes Mädchen kommt die Treppe herauf. Er mustert sie, überlegt kurz und scheint sich dann an sie zu erinnern.

"Vera!! Hallo, hier!! Vera!!" ruft er und winkt.

Vera erkennt ihn auf Anhieb und lächelt. Läuft auf ihn zu und umarmt ihn zur Begrüßung. Man scheint vertraut.

Nach einigen Sekunden schiebt er sie an den Schultern auf Armlänge von sich, strahlt sie an und sagt "Mein Gott Vera, bist Du alt geworden!"

Ihr Gesicht friert ein.

Dann kommt die Bahn.

Dienstag, 23. April 2013

Die (dumme) Kuh beim Bäcker

Vorhin beim Bäcker:

Vor mir eine ältere Omi, so Mitte 70, mit Hackenporsche und Gehstock, auf der Theke liegen geschnittenes Vollkornbrot und ein paar Stücke Obstkuchen, der ist für die Enkel, die am Nachmittag zu Besuch kommen werden, wie Omi aufgeregt erzählte.

Omi fummelt hektisch am Portemonnaie herum, während die maximal 20-jährige Verkäuferin bereits zum dritten Mal in genervtem Tonfall "Macht dann fünf Euro siebzig Cent!" herübernölt und dazu mit den Augen rollt.

Eine sympathische Erscheinung...

Omi fummelt weiter und fördert zwei Scheine zutage, einen Fünfer und einen Fuffi. Letzteren reicht sie lächelnd über die Glastheke.

"Kann ich nich wechseln, brauch ich kleiner!" nölt das Fachpersonal genervt. Allmählich bin ich auch genervt, allerdings nicht von der Omi.

"Aber Liebes, ich hab doch sonst nichts anderes...was machen wir denn jetzt?" fragt Omi leise und die Thekentusse reißt das Packpapier auf und bugsiert eins der Obstkuchenstücke zurück in die Auslage. "Nehm ich was weg, wird's billiger! Vier Euro fünfzig Cent!" Ohne Omi eines Blickes zu würdigen streckt sie dreist die Hand aus. Omi sinkt ein bisschen in sich zusammen und ihr Lächeln erlischt. Ich kann ihre Gedanken förmlich lesen. "Dann bekommen nur die Enkel Kuchen, ich kann auch nur Tee trinken." So oder so ähnlich muss es sein.

Ich bin nun wahrlich alles andere als ein Heuchler oder Gutmensch, aber wenn ich sowas beobachte, dann kommt's mir hoch und ich werd sauer. Das könnt schließlich ebenso einer meiner geliebten Omis passieren.

"Entschuldigung, ich hab viel Münzgeld, ich zahl die fehlenden siebzig Cent! Packen sie mal bitte den Kuchen wieder ein für die Dame!"

Die Verkäufertusse schaut mich an, als sei ich ein Gespenst, tut dann aber mit widerwilligem Gesichtsausdruck, worum ich gebeten habe, schiebt Omi ihr Kuchenpaket rüber und kassiert wortlos. Und wirft mir dabei einen Blick zu, der nur und ausschließlich zum Töten gedacht ist.

Omi ist leicht verdattert, aber dann packt sie ihr Zeug ein und strahlt. Der Enkelkinderbesuch ist gerettet. Jemand aus der Schlange, die sich hinter uns gebildet hat und aus der sich niemand beschwert hat, hält ihr die Tür auf, als sie samt Stock und Hackenporsche die Bäckerei Richtung Bushaltestelle verlässt und ein Mann um die fünfzig streckt seinen Daumen in meine Richtung nach oben.

Die Thekentusse wendet sich wieder mir zu. Genervtes Augenrollen. Aber ich kann sie beruhigen.

"Neeh, danke, ich will hier nix mehr kaufen. Zumindest nicht von Ihnen. Ich geh heut mal zur Konkurrenz gegenüber! Schmeckt zwar nicht so gut, aber zumindest wurden die Mitarbeiter da gut erzogen."

Ich verlasse den Laden und die Hälfte der Anstehenden macht es mir nach, zumeist breit grinsend.

Als ich über den Bürgersteig laufe, fährt Omis Bus grad ab. Sie sitzt am Fenster und winkt mir lächelnd zu.

Montag, 22. April 2013

Werder, Wahnsinn, Hippies, Urknall.

Samstag Nachmittag, 15.33 Uhr und das Handy hat noch kein Gegentor für den Herzensverein vermeldet. Nach kurzer Verwunderung und Recherche habe ich den Grund dafür gefunden. Spätspiel, Anstoß erst in drei Stunden.

Beruhigt lehnte ich mich in dem Sessel zurück und musste lachen. "Jetzt wirste schon paranoid, nur weil die Jungs in den letzten Spielen immer in den ersten Minuten einen kassiert haben! Alter, das ist auch nicht normal!"

Aus mir bis heute unerfindlichen Gründen entschied ich, mir das Spiel live in einer Bar anzusehen, eine Entscheidung, die ich noch bitter bereuen sollte. Und das lag nicht nur am grauenhaften Fußballspiel, über das ich ab jetzt so gut wie kein Wort mehr verlieren möchte.

(Es war übel, peinlich, beschämend, die schlimmste "Leistung", das darf man eigentlich gar nicht so nennen, die ich seit langen Jahren von meiner Truppe gesehen habe. Mein Trikot liegt immer noch in der Ecke, in die ich es beim Heimkommen fluchend gefeuert habe und da wird es wohl noch bleiben. Fußball kann mich grad mal kreuzweise.)

Ein Bar-/Kneipenbesuch sollte es also sein. Problem dabei: Mein Stammladen, in dem ich das letzte Jahrzehnt mitgefiebert habe, wurde 2012 dicht gemacht und beherbergt nun ein "TexMex-Restaurant", das Bekannten zufolge gar nicht mal sooo gut sein soll.

Google spuckte diverse Ergebnisse aus und auf dieser obskuren Bewertungsplattform, die sich auf "Weib" reimt, eruierte ich noch ein wenig herum und traf dann meine Entscheidung: Ab ins "Osterdeich" in Eimsbüttel, da stand zwar was von "Café" und "der Kuchen ist hier sehr gut", aber eben auch "beim Fußball ist hier ordentlich Stimmung" und "Grün/Weiß wird hier bevorzugt". Ein Laden in HH, der "Osterdeich" heißt, also so wie die Straße, an der das weltschönste Fußballstadion der Republik liegt, toll!

Das klang gut! Da wollte ich hin!

Dann war ich da.

Es klingt jetzt immer noch gut, ich will aber auf allerkeinsten Fall nochmal dort hin!

Samstag, früher Abend. Kurz nach 18 Uhr. Ich lief die Osterstrasse entlang, trank vom guten Becks, freute mich aufs Spiel und versuchte, dem herumhipsternden Pack so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Davon gibts in Eimsbüttel noch mehr als in der Schanze, das ist Prenzlauer Berg reloaded, da ich aber gute Laune hatte, ging mir das dort vorbei, wo die Sonne nicht hin scheint.

Angekommen. Bier austrinken, drinnen sah ich viele Menschen, viele Flatscreens, eine Leinwand und einige wenige Trikots in den korrekten Farben. Noch kurz pflichtbewusst auf nem sozialen Netzwerk meiner Wahl den momentanen Aufenthaltsort gepostet, das Becks geleert...da gibt's online die erste Reaktion.

"Bitte wo bist du? Vegan/vegetarisches Restaurant? Bist du krank?????"

Schuppen. Fallen. Von den Augen.

Deswegen trinken die hier kurz vor Anpfiff kein Bier sondern Tee. Oder Chai Latte. Oder selbstgepressten Orangensaft und die Orange hatte vermutlich einen Namen. Ach du Schei...

Eine Info, die weder Google noch die ominöse Bewertungsplattform parat hatte. Zumindest hab ich davon nichts gelesen, sonst wär ich nicht hier. Und jetzt?

Das Spiel geht gleich los, ich kann nicht mehr flüchten, ohne einen Teil des Spiels zu verpassen. Ach du Schei...

Es ist skurril. Absolut skurril! Ich stehe in einem Café mit Couches und kleinen Holzstühlchen mit lustigen Sitzkissen drauf und Kuchen hinter der Glasscheibe des Verkaufsthresen, es ist rappelvoll und was die TVs und die Leinwand angeht, muss sich das Ding hier hinter keiner Sportkneipe verstecken, das ist erste Kajüte!

Ich ergatterte sogar noch einen Sitzplatz auf einer sehr gemütlichen Ledercouch (Ledercouch in nem Veganer-Café...finde den Fehler) direkt vor einem Flatscreen. Neben mir saß ein kuschelndes Pärchen, sie knabberte am Hirsekeks, der bis kurz vorm Verkauf noch von der Ökohippietrulla im Batikhemdchen hinter der Verkaufstheke gestreichelt worden war, er diskutierte derweil mit nem anderen Spinner über Bio-Eier - das tun die beiden bis weit in die erste Halbzeit hinein. Ich wette, keiner von beiden hat (Bio-)Eier.

Während des Spiels ist außer der Eier-Diskussion und ab und zu dem Milchaufschäumer nicht viel zu hören, denn Fußball schaut man hier fast ohne Ton. Es sei denn, man erwischt einen Platz an der Leinwand, dann kann mit Glück den Kommentator hören. Wenn nicht grad wieder irgendwer ne neue Chai Latte will. Dann hört man eine Minute lang nur mechanisches Rattern.

Als ich mich kurz lautstark aufrege, als mein Verein das 0-2 kassiert, werde ich aus verschiedenen Richtungen angezischt...psssscccchhhht!!!...am lautesten vom jutebebeutelten Deppen Anfang 20 auf der Couch gegenüber, ich hab seine undercut-tragende Freundin beim Lesen der "Neon" gestört. Das mag er nicht. Und deswegen macht er jetzt auf Held.

Ich lass ihm den Triumph. Bitte ihn nicht zur Klärung vor die Tür. Suche stattdessen verzweifelt nach einer Alternative für Halbzeit zwei. Werde fündig. Keine 300 Meter weiter. Hätte ich früher wissen müssen. Verdammt...

Der Halbzeitpfiff ist noch nicht verhallt, da bin ich bereits raus aus dem Elend, raus aus veganem Wahnsinn, vegetarischer Verwirrtheit und elendem Hipster-Hippie-"Oh, that band is SO in nowadays!...You don't know it? You're not cool!."-Spinnertum. Fuck you!

Sechs Minuten später betrete ich das "Urknall" und ungefähr zwei Sekunden nach Eintritt fühl ich mich wohl. Angenehmes Klientel hier, leicht runtergerocktes Interieur, Astra vom Faß für sehr fairen Kurs, eine hübsche Barfrau (sie kommt natürlich nicht an die Allerhübscheste in der "Wilden 13" in B-Friedrichshain heran...) eine Menge Platz vor nem Flatscreen , zwar im Raucherbereich, das ist aber völlig ok - denn da sitzen heut keine Raucher.

Dafür aber direkt einige coole Menschen, die mich an ihren Tisch "bitten" ("Alter, laber nich, setz dich hin!") mit mir anstoßen, mit mir leiden und sich Gedanken machen (nach dem 0-3 bekam ich von jedem der drei einen Obstler (!) ausgegeben. Fatal.)

Mit Blick auf mein Trikot und auf meinen Gesichtsausdruck bekam ich noch einen Wodka "aufs Haus" als ich zahlen wollte. Die Suche nach einen neuen Stammkneipe für Fußballspiele dürfte beendet sein. Endlich!

45 Minuten später war ich zuhause, saß in Gemütlichkeitsklamotten vorm TV und entspannte.

Dann klingelte das Handy. Kumpel F. "Lass treffen Alder!! Frau ist bei den Eltern, ich hab sturmfrei und ordentlich beim Wetten gewonnen! In einer Stunde S Sternschanze, stell dich nicht an! Nach DEM Spiel haste dir Abschalten verdient! Die ersten Drinks gehn auf mich!"

Über die folgende Nacht dann nächstes Mal mehr.

Sonntag, 14. April 2013

Der Ampel-Trend

Grad eben in der Schanze.

Ich sitze mit meinem Essen auf einer Mauer. Vor mir eine Fußgängerampel, an der eine Gruppe Menschen wartet.

Unter ihnen zwei obligatorische austauschbare Durchschnitts-Hipster. Nerdbrille. Holzfällerhemd. Knallbunte Nike Airs. Mate-Tee.

Der eine mit nachdenklicher Stimme: "Hat sich hier irgendwie ziemlich durchgesetzt, an roten Ampeln zu warten!"

Der andere ganz aufgeregt mit genervtem Blick: "Manche Leute machen eben jeden Scheiß mit!"

Wo ist der außer Kontrolle geratene Lastwagen, wenn man ihn braucht?

Samstag, 13. April 2013

Tornado

Vorhin habe ich im TV eine Doku gesehen.

"Die zehn furchteinflößendsten Situationen im Luftverkehr" oder so ähnlich.

Es war interessant, allerdings ist meine Lust, endlich mal wieder ein Flugzeug zu besteigen und irgendwo hin zu fliegen doch nach dieser Doku deutlich geringer, als sie es vorher war. Hat seinen Grund.

Ich bin in frühen Jahren relativ viel durch die Gegend geflogen und mein erster Flug kam mir wieder ins Gedächtnis, als ich im TV die Bilder von Flugzeugen sah, die durchgeschüttelt wurden oder von Passagieren, die kreidebleich über die Landebahn geführt wurden.

Mein erster Flug war drei Monate nach meinem 16. Geburtstag, ist also schon ein paar Tage her. Es war nicht mein erster Urlaub "allein" (= ohne Eltern), im Jahr zuvor war ich bereits mit drei Freunden in einem Jugendzeltlager und hatte dazu halb Europa vom heimischen Emsland bis nach Lissabon per Reisebus durchquert, das war schon eine ziemliche Ochsentour, war aber nichts gegen meinen ersten Flug.

Der ging von Münster über Frankfurt und Chicago zum Endziel, dem Lambert Airport in St. Louis, Missouri. Angepeilte Reisezeit sollte irgendwas um elf Stunden sein, also alles im Rahmen.

Wider Erwarten hat ein Großteil des Weges auch gut geklappt, ich bin ohne größere Zwischenfälle (in Frankfurt ist mir die Sonnenbrille ins Klo gefallen, das zählt nicht) bis Chicago gekommen.

Chicago O'Hare war damals der Airport mit dem größten Fluggastaufkommen weltweit und ist auch heute noch in den Top Five, wenn mich nicht alles täuscht. Hat mich vollkommen überwältigt. Ich hatte planmäßig zwei Stunden Aufenthalt, hab mir erstmal, um mich anzupassen, einen fetten Burger besorgt, dazu einen Familienbecher Dr. Pepper, das kannte ich aus einem Care-Paket, das die US-Verwandschaft mal schickte - seit dem Tag bin ich dem Zeug verfallen. Bepackt mit Handgepäck und Ami-Fraß hab ich mich dann mitten in eine der Aufenthaltshallen gesetzt und mich umgeschaut, vor lauter Staunen und lauter neuer Eindrücke wurde der Burger kalt und die Limo warm. Draußen braute sich derweil Unheil zusammen.

Denn sowohl Chicago als auch St. Louis liegen im mittleren Westen der USA und dort ist im Juni/Juli Tornado-Saison. Und die Tornados in den Staaten haben mit den "Tornados" hier eher selten was gemein. Und da meine Reise natürlich nicht wie geplant ablaufen konnte, gabs halt mal nicht nur einen, sondern gleich zwei Tornados, die nacheinander über Chicago herein brachen und den gesamten Flughafen mal einfach komplett lahm legten. Für über zehn Stunden.

Ich habe insgesamt drei Mal umgebucht, drei Mal wurden die Flüge wieder gecancelt, ich kannte die TWA-Mitarbeiter inzwischen mit Vornamen und den Klomann auch. Und hatte einiges an Kohle in Burger und Dr. Pepper investiert.

Dann hieß es, American Airlines würde gen STL starten, meine neuen TWA-Freunde haben mich umgebucht, der Klomann himself hat mit seiner elektrischen Reinigungskarre zum weit entfernten Gate gefahren, damit ich pünktlich bin...dann saß ich im Flieger, sah aus dem Fenster und der Himmel war grün. Richtig leuchtend grün. Ich weiß noch, daß ich mich gefragt hab, ob das wohl ein gutes Zeichen ist.

Der Flieger war ein kleiner, Kurzstrecke eben, das mögen vielleicht 60 Plätze gewesen sein, davon war aber maximal ein Viertel besetzt. Freie Platzwahl quasi. Ich wollte etwas schlafen und hab mich weit hinter alle anderen Mitflieger gesetzt, um meine Ruhe zu haben. Nach dem Start bin ich sofort eingeschlafen.

Aufgewacht bin ich, weil ich ordentlich durchgeschüttelt wurde und der Anschnallgurt mir in den Bauch drückte, das tat weh. Aus dem Fenster heraus sah man nichts außer weiß, das Flugzeug wurde herumgeschmissen wie ein Spielzeug, sogar ein paar dieser Abteile über den Sitzen sind aufgegangen und das Zeug flog rum, zum Glück dort, wo niemand saß. Von vorn im Flieger, ich hatte mich ja nach hinten verkrochen, hab ich Geschrei gehört und die einzige Stewardess an Bord rief immer wieder, alle sollten ruhig bleiben und den Kopf schützen.

Ich hatte Angst und zwar so richtig. Ich hab nicht rumgeschrien oder geflucht, ich war einfach erstarrt. Und dann kam durch den Mittelgang eine Frau auf mich zu, die zog sich an den Sitzen in meine Richtung und schaffte es auf den Platz neben mir. Und schrie mich an "Get your head down! Stuff is flying! This will end ok. It's all good!" und drückte ab da meine Hand. Ich hab die Stimme immer noch im Kopf. Freundlich, hell, sehr bestimmt.

Ich weiß nicht, woher sie kam und warum sie zu mir kam, ich saß ja absichtlich weit hinten. Eigentlich kann mich da niemand gesehen haben. Vielleicht bin ich beim Einsteigen an ihr vorbei gelaufen und sie hat sich erinnert, ich weiß es nicht. Geholfen hat sie mir definitiv.
Ein paar Minuten später war das Unwetter vorbei und der Flug war wieder ruhig. Der Himmel dämmerungsblau, nicht mehr grün, die Aussicht toll, nicht mehr weiß vom Hagel. Mir war das alles scheißegal, ich wollte nur noch festen Boden unter den Füßen.

Nach der Landung hat mich die Unwetter-Frau nochmal umarmt und angelächelt. "See, it's all good!" und denn war sie weg. Und ich hab mich auf die Suche nach meiner Verwandschaft gemacht und die auch schnell gefunden.

Nie wieder gefunden hab ich allerdings die Frau aus dem Flugzeug. Selbst lokale Radiosender haben sich in die Suche eingeschaltet...kein Ergebnis. Ich hätte mich sehr gern noch ein Mal bedankt für die Unterstützung im bisher erschreckendstem Moment meines Lebens.

Als ich vorhin durchgerüttelte Flugzeuge und kreideblasse Passagiere im TV sah, da wurde mir ein bisschen schlecht und schwindelig. Vielleicht schau ich mit sowas einfach nicht mehr an. Ist vermutlich besser. Flashbacks sind gar nicht sooo lustig.

Und sobald mal wieder fliegen? Das überleg ich mir nochmal...

Mittwoch, 10. April 2013

Mal Feinde machen. Oder: Ole Ole BVB!

Der BVB hat gewonnen. Durch zwei Tore in der Nachspielzeit, als das Spiel eigentlich schon zuende war.

Jepp, war verdient. Jepp, war nicht mehr zu erwarten. Jepp, der ominöse Fußballgott trug gestern schwarz/gelb. Jepp, die Leistung der Schiris war eine Frechheit. Jepp, von mir aus redet von nem Fußballwunder, es ist euch gegönnt. Und irgendwie habt ihr ja Recht.

Jepp, die Bayern werden heut Abend vermutlich auch ins Halbfinale einziehen, wenn alles normal läuft. Jepp, zwei deutsche Teams im Halbfinale der Champions League, das ist total toll, gabs das überhaupt schon mal? Glaube nicht. Egal. Ist toll. Muss ich ja jetze sagen.

Im Ernst?? Drauf geschissen!! Gestern Abend war ich neutral, hab mich über das spektakuläre Ende gefreut, danach musste ich in vielen sozialen Medien wieder diese dämlichen und dümmlichen Aussagen wie "International bin ich immer für deutsche Teams!" oder "Deutschland muss zusammenhalten im internationalen Fußball!" und ähnlichen Bullshit lesen, seitdem ist die Freude dahin, es nervt nur noch.

Ich erkenne die Leistungen sowohl der Bayern als auch der Dortmunder in der bisherigen CL-Saison an. Keine Frage.

Aber nur, weil ich nun grad mal Deutscher bin, muss ich doch nicht automatisch auf ein Mal dem Team, dem ich das ganze Jahr lang die Pestilenz, löchrige Schuhe und meinen hartnäckigen Grippevirus aus Berlin an den Hals wünsche, die Daumen drücken, nur weil es halt mal "mein" (haha) Land vertritt? Albern!

Und ja, 5-Jahres-Wertung my ass!

Dem Weiterkommen der Bayern ist heut Abend wohl nichts mehr entgegen zu setzen, ich bitte dann aber um die Halbfinals Bayern - Real Madrid, da wird der hübsche Cristiano dann ordentlich verhauen, und Dortmund -Barcelona, da kriegen Unsympathen wie Klopp, Götze oder Kevin Großkotz, ups, -kreutz, dann ihr Fett weg.

Im Finale macht Messi drei Stück, Thomas Müller weint wie immer, Frooonk Ribéry erschrickt sich zum wiederholten Male vor seinem Spiegelbild und Philipp Lahm wird von seiner Mutti aus dem Bällebad in London abgeholt.

Das wär alles ein Traum. Von einem, dessen Verein grad abkackt, so richtig. Deswegen sollt ich mein virtuelles Maul auch eigentlich nicht aufreißen.

Tu ich aber trotzdem!

Weil ich's kann!

Und weil mir diese "Unterstütze deutsche Teams weil du Deutscher bist!"- Geschichte gehörig gegen den Strich geht!

Da bin ich echt der falsche Ansprechpartner, den deutschen Teams drück ich nicht die Daumen. Zumindest nicht diesen!

Mein Geld liegt seit Beginn der CL auf Barca... Ein mutiger Tipp. Haha.

Influenza

Dieses Mal habe ich mir aus Berlin mal was Anderes mitgebracht. Außer den obligatorischen Fotos, dem obligatorischen Schlafmangel und den ebenso obligatorischen zwei, drei Flaschen Berliner Pils (welches für einen gewissen Anteil des Schlafmangels verantwortlich ist), gabs mal ein besonderes Andenken

Eine dicke fette eklige Erkältung! Und zwar eine richtige! Hamburger Erkältungen sind immer eher Kirmeskram, die bin ich nach maximal zwei Tagen (Bett-)Ruhe und diversen Litern des Allheilmittels "Heiße Zitrone" direkt wieder los, das ist immer vollkommen unspektakulär. Mit dem viralen Endgegner aus Berlin plag ich mich jetzt seit einer Woche herum und allmählich nervts!

Pünktlich mit Wiederankunft in Hamburg begann es, im Hals zu kratzen und am nächsten Morgen waren sie da, die Symptome: Hals kaputt, Husten, Fieber, Kopfweh, Schüttelfrost und die Nase lief schneller als Usain Bolt die 100 Meter.

Beim Blick in den Badezimmerspiegel erschrak ich. "Um Gottes Willen, bin ich tot?!?" fragte ich mich spontan, ich neige zwar generell nicht wirklich zu viel Farbe, aber eine Gesichtsfarbe wie ein Liter Vollmilch war dann doch nicht normal.

Ich schleppte mich also leise jammernd zurück ins Bett und begann, meinen Pflichten als Kerl nachzukommen, die da ja besagen: "Wenn du krank bist, leide!"

Pflichtbewusst begann ich also, weh zu klagen, da ich aber allein wohne, meine Nachbarn und ich uns so gut es geht aus dem Weg gehen und ich auch kein Haustier habe, dem ich Mitleid hätte abringen können, mussten härtere Geschütze aufgefahren werden.

Telefon. Mutter.

Mitleid is what I need!

"Bin krank. Geht nich gut. Aua." erwiderte ich auf Mutters freudiges und verwundertes "Guten Morgen mein Sohn, schön, daß du dich meldest, wie geht es dir?" und ab da übernahm der Mutterinstinkt. Ob ich Zug bekommen hätte? Denn es sei ja zugig draußen. Nicht warm genug angezogen sei ich sicherlich gewesen, bei dem Wetter, Frühling, pah!! - dagegen könne man sich aber ja auch nicht anziehen, außerdem würd ich ja auch immer SO schnell krank, als kleiner Junge schon, ALLES hätte ich bereits gehabt. ALLES! Ich untermalte den mütterlichen Monolog mit einem gequälten Huster und krächzte Protest in den Hörer, alles, neeh, also das hätte ich noch nicht gehabt, das wär mir aufgefallen. Aber Mutter insistierte. Mindestens schon alles hätte ich gehabt, vermutlich mehr.

Die beste Mutter der Welt beendete das Gespräch, indem sie mich zurück ins Bett schickte, möglichst mit Wärmflasche und heißem Tee, beides möge meine liebe Omi gern, für mich sei das aber nichts, protestierte ich. Mutter versprach aber, mir zum anstehenden Besuch einige Portionen des Lieblingsessens mit zu bringen (denn in meinem Fall ist Mutti tatsächlich die beste Köchin!), das war zwar Erpressung, allerdings in weniger schlimmem Falle.

Vor mich hin leidend sammelte ich also meine Wärmflasche (bis zu Mutters Hinweis wusste ich nicht, daß ich eine besitze...) aus dem Schrank, kochte Wasser auf und legte mich samt der Wärmflasche ins Bett, selbstverständlich deutlich Unwillen zeigend und Dinge wie "Ich bin doch nicht Oma!" vor mich hin murmelnd. Aber ich sah, daß es gut war!

Dieser grauenhafte Moment, wenn man zufrieden warm eingemummelt im Bett liegt und dann bemerkt, daß die Fernbedienung noch neben dem Fernseher liegt...

Eine verkackte Woche Erkältung, das gabs noch nie! Das reicht sonst für drei Infektionen! Dieser Berliner Virus ist n ganz harter Typ, vermutlich aus dem Märkischen Viertel, da bin ich mitm Bus durch! Da hab ich den Mist her! Fieser Ghetto-Virus. Hat mein Immunsystem gefickt so, schwör!

Zumindest hatte ich aber dadurch eine gute Ausrede, um einen Zahnarztbesuch, ein Gespräch mit dem Ex-Cheffe und einen Besuch zum Fußball gucken gestern Abend in einer BVB-Kneipe abzusagen.

Ich denke für Zahnärzte, den Ex-Chef und die BVB-Fans, die sich irritierenderweise in meinem Freundeskreis tummeln, bleib ich "offiziell" einfach weiter mit Wärmflasche im Bett. So etwa die nächsten 35 Jahre.

Ansonsten wär ich den Rotz (!) jetzt bitte endlich mal los!

Samstag, 6. April 2013

Oh, Werbung...

Nägelkauend hocke ich vorm TV-Gerät. Ein wahnsinniger Film!

Ich bin gebannt, gefesselt, sowas passiert mir sonst nicht, ich bin kein Filmgucker, Filme sind mir meist zu lang, so lang kann ich mich nicht konzentrieren. Irgendwann werd ich hibbelig und ab da tu ich alles mögliche, ich schau aber nicht mehr den Film.

Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen. Meinen Lieblingsfilm "Donnie Darko" könnt ich zum Beispiel aufmerksam drei Mal am Stück ansehen, so gut ist der! Großartig und meiner Aufmerksamkeit würdig sind auch andere Filme, "City of god" oder "Fight Club" oder, wenns mal tragikomisch sein soll, "Eagle vs shark" aus Neuseeland oder "Dark horse" aus Dänemark. Das wären dann auch fast alle Filme, die ich tatsächlich mag.

Bis jetzt. Im TV läuft "The lovely bones" (auf Deutsch "In meinem Himmel") und ich fiebere mit offenem Mund mit. Mich hat seit Ewigkeiten kein Film mehr so beeindruckt.

Nur eines nervt.

Grad hat der psychopathische Mörder sein Opfer in die Falle gelockt, es wird dramatisch: Leben oder Tod?

Werbung. Erdbeerjoghurt. Vermutlich probiotisch. Danach eine Vorschau auf die Serienhighlights, die auf uns zu kommen.

Grad nimmt die Handlung eine dramatische Wende, die Mutter liegt trauernd und vom Leid gezeichnet auf dem Bett, sie wird sich doch mit dem langen Messer nicht...

Erfahren wir später, zuvor gibt's Werbung für - Achtung, Knaller! - eine Lebensversicherung. Und Erdbeerjoghurt. Und dazu die Serienhighlights der kommenden Woche.

Der Vater weiß nun, wer seine Tochter auf dem Gewissen hat, er verfolgt den Täter, bekommt ihn im Dunkel zu fassen, beide stürzen zu Boden, sie kämpfen, Leben oder Tod?

Ich erfahre die Abgaswerte der aktuellen VW-Modelle und danach vermittelt mir eine Supermarktkette, sie liebe Lebensmittel. Danach gibt's einen Spot für Lebensversicherungen. Und danach Erdbeerjoghurt. Und die Serienhighlights auch noch, klar.

Was kommt als nächstes? Werden Filme mitten im Dialog, noch besser mitten im Satz oder mitten im Wort für belanglose Werbungen unterbrochen?

Oder Fußballspiele?

WM-Finale 2014, 90. Minute, Elfmeter für Deutschland, mein Gott, ist das spannend. Wenn der drin ist, dann ist das die Entscheidung, dann ist Deutschland Weltmeister. Der Moderator und Abermillionen vor dem TV sind kurz vorm Durchdrehen, zu Drahtseilen angespannte Nerven, die Fingerknöchel weiß vom Drücken der Daumen. Konzentration. Özil läuft an. Uuuuuuuund... Schnitt. Ein debiler Pseudopromi grinst schief in die Kamera, während er eine Wurst auf dem Grill wendet und mit einem dummen Sprüchlein bewirbt. Danach noch Werbespots für VW's Abgaswerte, den Lebensmittel liebenden Verbrauchermarkt, Lebensversicherungen und Erdbeerjoghurt. Oh, und die Serienhighlights der kommenden Woche, fast vergessen.

Im Ernst, ich seh ja ein, das muss alles irgendwie finanziert und gesponsert werden, gar keine Frage. Aber ernsthaft, macht sich irgendwer Gedanken darüber, wann die Werbeblocks gesetzt werden?

Schaut irgendwer vorher den Film, um zu schauen, wo man günstig unterbrechen kann? Oder läuft das per Zeitschaltuhr? Alle 25 Minuten ist finito. Das würd einiges erklären...

Ich bin kein Filmfreund, 90 Minuten Konzentration kann ich nicht. Aber WENN ich's dann doch mal schaffe wie dieses Mal bei "The lovely bones", dann, lieber TV-Sender mit dem Raab-Monopol, krieg es doch bitte hin, deine verschissene, sich ständig wiederholende Werbung für elenden Kackmist so zu schalten, das zumindest der Film flüssig läuft. Also NICHT mitten rein in Szene oder Dialog! Außerdem pffffrrrrrrcccchhhzzzzz

(Störgeräusche, ein Rauschen, ein Piiieeepen...dann Ruhe. Dann Werbung für VW. Lebensversicherungen. Erdbeerjoghurt. Und Serienhighlights.)

Freitag, 5. April 2013

Der Nazi aus dem zweiten Stock

Seit über elf Jahren wohn ich hier in meiner Wohnung. Nicht groß, luxuriös schonmal gar nicht, dritter Stock, ruhige Seitenstraße, inzwischen kostet auch hier der Quadratmeter mehr als zehn Euro, die Anbindung an den ÖPNV wär klasse, könnt man sich auf die Buslinien 177 und 277 fahrplanmäßig auch nur ansatzweise verlassen, zur U-Bahn ist es auch nicht weit. Tolle Wohnlage, Fuhle-Kiez, nicht unbedingt zentral, kein Szeneviertel, aber eins, das im Kommen ist, wenn man Fachleuten glaubt. Stadtplanern und so. Die sagen alle, daß in Barmbek-Nord was geht in der Zukunft.

Im Gegensatz zu Barmbek-Süd übrigens, das wird immer langweilig bleiben mit seinem maximal okayen Einkaufszentrum als Highlight und sonst nichts. Jetzt hab ich's gesagt. Oha. Hate me now.

In der Etage unter mir wohnt "Denny". "Denny" ist Anfang 40, ein kleiner, verhärmter Typ mit kurzgeschorenem, ehemals schlecht blondiertem Haar, Bauchansatz, Oberlippenbart und schlurfendem Gang, kurzum: Ein Bild von einem Mann!

Außerdem ist "Denny" ein Nazi.

Am Tag meines Einzugs im Frühjahr 2002 sprach er mich an, während ich grad einen Karton durchs Treppenhaus schleppte. Ob ich grad einziehen würde. Anstatt zu antworten "Nein, ich trag einfach aus purer Freude Umzugskartons durch die Gegend", verriet ich, das ich tatsächlich einziehe und er, optisch damals nicht als Träger rechten Gedankenguts zu erkennen, bot Hilfe an. Was natürlich dankend angenommen wurde.

Tags drauf, Eltern und andere Umzugshelfer waren weg, traf ich "Denny" erneut im Treppenhaus und er erzählte mir ungewollt Dinge. In meiner Bude hätte vorher ein "Kanacke" gelebt (Vormieter war ein dunkelhäutiger Südafrikaner, ein wahnsinnig toller und freundlicher Mensch, den ich bei der Wohnungsübergabe kennenlernen durfte). Ich versuchte "Denny" klar zu machen, daß das so gar nicht meine Denke ist und er und ich sicher keine dicken Freunde würden, aber das verstand er nicht. Denn "Denny" ist, wer hätte das gedacht, nicht die hellste Kerze auf der Torte.

Ab da hab ich dann versucht, "Denny" aus dem Weg zu gehen - mit mäßigem Erfolg. Während ich andere Nachbarn niemals sehe ( bei dem, der beispielsweise direkt gegenüber wohnt, weiß ich nur vom Namen auf dem Klingelschild, daß es sich um einen Mann handelt, ein Gesicht dazu habe ich nicht), ist "Denny" nahezu allgegenwärtig. Ich treffe ihn regelmäßig im Treppenhaus, im Bus oder an der Supermarktkasse. Dann nennt er mich "Zecke", da ich ja eindeutig links einzuordnen bin, klopft mir grinsend auf die Schulter und macht auf gute Kumpels. Und ich ekel mich dann, weil ein versiffter Kacknazi mit zusammengerollter BILD-Zeitung in der Jackentasche und ordentlich Mund-Klo öffentlich so tut, als wären wir auch nur ansatzweise befreundet.

"Denny" baut sich auch gern mal vor mir auf, immer nur, wenn seine Leute, von denen hat er wenige, dabei sind. Dann droht er mir "linker Bazille". Und zwinkert mir zu, wenn seine Halbaffen-Kumpels grad nicht schauen. Und entschuldigt sich dann beim nächsten Treffen im Treppenhaus.

"Denny" ist eine ganz ganz arme Sau. Eine dumme arme Sau. Ein Vollidiot. Eigentlich bemitleidenswert. Aber mit Nazis hab ich kein Mitleid.

Ein Mal, kurz vorm ersten Mai, hab ich "Denny" wiedermal im Treppenhaus getroffen und natürlich begann er, mich wie immer voll zu texten. "Erster Mai, da macht ihr Zecken doch immer Randale!". Hatte er wohl aus der BILD. Ich sagte, daß ich davon keine Ahnung hätte, daraufhin erbat er, ich solle mich doch "in Zeckenkreisen" mal umhören, zu den Krawallen am ersten Mai schlüge er sich immer auf die "Seite der Linken", denn "da ist mehr los". Ich hab ihn kopfschüttelnd stehen lassen. Soviel Idiotie auf einem Haufen ist selbst mir zuviel...

Letztens hab ich "Denny" auf der Straße gesehen, früh morgens, ich kam aus der Schanze heim mit White Russian, Astra und Wodka en masse im Blutkreislauf, er schlurfte wie immer mit gesenktem Kopf herum und angetrunken, wie ich war, sprach ich ihn an. Was denn los sei. Er hatte Liebeskummer. Seine Freundin hatte ihn abgeschossen. Das war aber nicht das Problem. Das erläuterte er mir dann.

"Das sie Jüdin war, das hab ich ja grad noch so verknusen können, war schwer...aber sie war auch Ausländerin!!"

Auf meine Frage, ob ihm der russische Akzent denn nie aufgefallen sei (seine Ex stammte aus der Ukraine), antwortete er schulterzuckend "Sie ist aus Erfurt hergezogen, da reden die nunmal komisch! Ich konnt das doch nicht ahnen!"

Ich hab Tränen gelacht! Ich hatte Bauchweh vor Lachen! Und ich bete, das "Denny" seine verkommenen Gene nie weitergeben wird...

Das letzte, was ich von "Denny" weiß, ist, daß er ausziehen muss, da es eine Mieterhöhung gab und das Amt ihm die nicht mehr zahlen wollte.

Noch lebt er da in der Etage unter mir, sollt er dann bald mal weg sein - ich glaub nicht, daß er irgendwem im Haus fehlen würde.

Mittwoch, 3. April 2013

Über den Tellerrand - Ein paar Links zu anderen tollen Blogs/Texten (2)

Wie schon erwähnt: Andere Väter haben auch tolle Blogger/-innen gezeugt :)

Emily reichts. Das wird deutlich klar!

Maximilian Buddenbohm und Sohnemann gehen zum Fußball. Premiere. Für beide.

In Kreuzberg Süd/Ost sieht man gerne schwarz.

Der Kiezneurotiker kauft nicht bei Nazis und das ist gut so!

Und im Prenzlauer Berg gibts einigermaßen gruselige HausmeisterInnen...so erzählts zumindest die "Wirre Welt Berlin".

In love with the Barfrau.

Letzter Abend in Berlin, Dienstag, kalt, Restschnee, schlechte Laune, weil: Letzter Abend in Berlin, Dienstag...und so weiter.

Kumpel M. fühlt sich nicht wohl, hat außerdem einen langen Arbeitstag hinter sich und erträgt mich bereits seit ein paar Tagen, er mag nicht raus gehen. Das ist verständlich und entschuldigt. Der Kiezneurotiker ist ebenfalls anderweitig entschuldigterweise eingebunden, so ein Mist.

Also mache ich mich allein auf, denn zum Glück ist ja heut Fußball. Die Bayern, die ich in etwa so leiden kann wie Brechdurchfall, spielen gegen Juventus Turin, die ich in etwa so leiden kann wie Italiener halt. Fußballspielende Italiener meine ich, andere Italiener sind meist recht cool. Aber gib nem Italiener einen Fußball...er wird nur noch auf dem Boden liegen, lamentieren und herumweinen und all das kann ich nicht leiden. Nicht, wenn eigentlich Fußball gespielt werden soll.

Es spielt also Pest gegen Cholera.

Und ich tu mir das an. In der "Wilden 13" in Friedrichshain. Weil ichs hier mag. Ist eine Fankneipe meines Vereins, deswegen mag ichs hier. Wenn Werder spielt, dann hängt hier eine große grün/weiße Fahne vor der Tür. Heut nicht, heut spielen ja die Bayern.

Rappelvoll ist es trotzdem, als ich kurz vor Ende der ersten Halbzeit ankomme und mich in die Mitte des Ladens vorkämpfe, zu dem Platz, an dem M. und ich am Samstag auch schon standen, um uns das Auswärtsspiel in Mainz anzusehen, ein Unentschieden mal wieder. M. interessiert sich so gut wie gar nicht für Fußball, aber am Samstag sah ich ihn zum ersten Mal jubeln, als Werder ausglich - allerdings, so sagte er, freute er sich nur, daß nun vermutlich die Stimmung hier steigen würde, die vorher angesichts des Rückstandes doch eher mau war. ABER er ballte die Faust und ich rede mir ein, daß er sich doch auch ein bisschen für mich und meinen Verein gefreut hat...

Ich lege Rucksack und Jacke ab und bestell mir erstmal ein Bier. Die hübsche Barfrau vom Samstag ist wieder da, ich hatte da ein wenig drauf spekuliert. Jetzt freu ich mich. Ich setze zur Bestellung an. "Hallo, ich hätte ger..."

"Hi, wie gehts dir? Hast du dich vom Samstag erholt? Ich erkenn dich wieder, an der Mütze!" sagt die hübsche Barfrau und deutet auf meine anscheinend relativ markante grün/schwarz gestreifte Wollmütze von H&M für 2,95€ oder so. Und dabei lacht sie ganz toll.

Das kam unerwartet. Und erwischt mich auf dem falschen Fuß, was bei mir dann gern mal zum Aussetzen des Sprechapparats führt. Also guck ich sie nur an, vermutlich in etwa so, wie ein Hund sein Frauchen anschaut, wenn er Gassi geführt werden möchte, um einen riesengroßen Haufen zu machen. "Ich mach dir erstmal ein Bier. Wart mal kurz!"

Ich warte. Und bekomme dann ein frischgezapftes in die Hand gedrückt. "Geld gibste mir gleich! Muss nicht jetzt! Und reg dich heut nicht wieder so auf wie Samstag!" sagt sie und lacht wieder toll und verschwindet. Und ich steh da wie ein Schluck Wasser in der Kurve mit meinem Pils und denke mir

WHAT THE FUCK???

Was ist das denn hier grade? Wo ist die Kamera? Und außerdem hab ich mich doch am Samstag gar nicht aufgeregt?? Nur so ein kleines bisschen halt, Standard, bin halt Samstag n Jahr gealtert, Wayne?

Konzentration auf das Spiel, Bayern drückt, Bayern dominiert, die Italiener liegen, lamentieren, weinen herum, Gott verdammt, dieses Spiel ist mir SOWAS von egal!

In solchen Momenten, wo viele Menschen an einem Ort sind, Konzerte zum Beispiel, im Zoo bei den Gorillas oder wie hier in einer Bar zum Fußball schauen, kommts ja schonmal vor, das jemand sich vor einem postiert. Dazu gibt es dann zwei Szenarien, beide hab ich heut erlebt.

Szenario 1: Zwei Mittzwanziger fragen höflich, ob es ok ist, wenn sie vor mir stehen bleiben, denn nur da ist noch Platz. Ist ok, da beide einen halben Kopf kleiner sind als ich und in keiner Form meine Sicht stören. Bei leichtem Ellenbogengerempel entschuldigen sie sich sofort. "Ick wollt dir nich haun!!" Alles schön.

Szenario 2 ist nicht ganz zwei Meter groß, auf Koks oder Pillen, so lassen die Pupillen und allgemein das Verhalten vermuten und er walzt mit seiner Körpermasse mal einfach durch den Laden, positioniert sich vor dem Fernseher und nimmt dabei gekonnt einem Drittel der Anwesenden die Sicht, dazu brüllt er unkoordiniert irgendwelche Befehle an die Spieler, "Los loooos, schieß doch!! Schiiieeeß doch!!! Du dreckiger...", während diese im Mittelfeld das Ergebnis verwalten. Gebt Idioten keine Drogen, verdammt!

Nach Spielende walzt der Neanderthaler auf Droge aus dem Laden, haut dabei einen der Mittzwanziger vor mir um, der fliegt in mich rein - und entschuldigt sich prompt.

"Ick wollt dir nich haun!!" ... "Ach neeh, sach nich. Du wolltst mir nich haun? Haste ja auch nich, war der Asi, der die falsche Pille geschluckt hat! Und nu hör auf, dich zu entschuldigen, du Hippie! Alter, im Ernst, heißt doch immer, Berliner seien unhöflich! Und du hier so! Freundlich, höflich und was nich sonst so. Sollndas?!?" ... Noch zusammen ein Bier, dann Abflug.

Die hübsche Barfrau ist schwer beschäftigt und zapft und wäscht ab und macht und tut und ihre viel weniger hübsche Barfraukollegin steht vier Meter weiter und raucht und tut sonst nichts. Seltsame Arbeitsteilung.

Ich stelle mein leeres Glas auf die Bar und wünsche der hübschen Barfrau einen schönen Abend. Und bekomme ein strahlendes Lächeln und ein "Bis bald dann!" zurück.

Ja, bis bald dann. So schnell wirds leider nix mehr. Vermutlich erst wieder im Juni. Wenn überhaupt.

Die "Wilde 13" hat jetzt nicht nur einen, sondern gleich zwei Trümpfe auf der Hand, um mich als Gast zu halten. Wenn ich in Berlin bin. Zwei tolle Gründe!

Meinen Verein und die hübscheste Barfrau der Stadt!